27.10.2022

Welttag des audiovisuellen Erbes & 30 Jahre Memory of the World-Programm

Die UNESCO hat heute zwei Anlässe zum Feiern

Dieses Jahr werden zwei wichtige Initiativen der UNESCO zusammen gefeiert: der im Jahr 2005 erstmals ausgerufene Welttag des audiovisuellen Erbes, der jährlich am 27. Oktober begangen wird, und das 30-jährige Jubiläum des Memory of the World-Programms, das im Jahr 1992 etabliert wurde.

Beiden Initiativen gemeinsam ist das Anliegen, weltweit das Bewusstsein für die Bedeutung von Dokumenten und die Wichtigkeit ihres Erhalts zu schärfen.

Gefährdung und Erhalt – Erschließung und Zugang

Zielt das Memory of the World-Programm auf die Bewahrung jeglicher Art von Aufzeichnungsmedien sowie von Oraltraditionen ab, so rückt der Welttag des audiovisuellen Erbes die Spezifika von Ton-, Film- und Videoaufnahmen in den Vordergrund. Im Fokus stehen Probleme wie die Gefährdung von Archivbeständen durch Verfall der Trägermedien und Verlust geeigneter Abspielgeräte, Ansätze zu Konservierung, Restaurierung und Langzeitsicherung sowie Fragen von Erschließung, Erforschung und Zugänglichkeit mit all ihren komplexen ethischen und rechtlichen Implikationen.

Welttag versus Alltag

In der Öffentlichkeit erfahren diese Themen durch den Welttag des audiovisuellen Erbes einmal im Jahr größere Aufmerksamkeit. Für das Phonogrammarchiv der ÖAW sind sie Arbeitsalltag: Jeder Tag ist Tag des audiovisuellen Erbes – und das seit Gründung des Archivs als Kommission der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften im Jahr 1899. Waren es im 20. Jahrhundert ausschließlich Tonträger, denen sich das Phonogrammarchiv widmete, so erweitern sich die Sammlungen seit der Jahrtausendwende zusätzlich um Videobestände.

Das Phonogrammarchiv im Memory of the World-Programm

Im internationalen Memory of the World-Verzeichnis ist das Phonogrammarchiv mit The Historical Collections (1899-1950) gelistet (1999), im Österreichischen Nationalen Memory of the World-Verzeichnis mit den Tonaufnahmen der RAVAG-Volksliedersingen aus der Sammlung Kotek (2014) und den Tonaufnahmen österreichischer Dialekte 1951-1983 (2018). Im Jahr 2007 wurde es für seine Verdienste um den Erhalt und die Zugänglichkeit von Dokumentenerbe mit dem renommierten UNESCO Jikji/Memory of the World-Preis ausgezeichnet.

Kritik und Verantwortung

Neben vielen Worten der Anerkennung werden die Feierlichkeiten zum Jubiläum des Memory of the World-Programms auch von Stimmen der Kritik begleitet werden. In jüngeren Jahren haben insbesondere indigene Gemeinschaften kritisiert, dass Aufzeichnungen ihrer Traditionen zum Memory of the World oder von ihnen gestaltete Orte zum World Heritage deklariert werden, ohne dass sie in die Prozesse von Nominierung oder Abstimmung mit einbezogen werden. Das Phonogrammarchiv verwahrt viele Aufnahmen, von deren Existenz die Gemeinschaften bzw. die Nachfahren der Aufgenommenen keine Kenntnis haben. Hier Kontakte herzustellen, kollaborative Aufarbeitung zu fördern sowie rechtliche und ethische Fragen zu klären, ist zentraler Teil der politischen und wissenschaftlichen Verantwortung des Phonogrammarchivs – und damit wichtige Aufgabe der kommenden Jahre.


Links

Welttag des audiovisuellen Erbes

Memory of the World-Programm

Bestände des Phonogrammarchivs in den Memory of the World-Registern (international & national)