21.08.2024 | Viruserkrankung

Mpox: Was wir über Symptome, Übertragung und das Virus wissen

Wie gefährlich ist Mpox? Warum hieß es früher Affenpockenvirus? Und droht nach dem Coronavirus die nächste Pandemie? Der Immunologe Andreas Bergthaler, Forscher an der MedUni Wien und der ÖAW, schildert im Interview typische Symptome, Möglichkeiten der Übertragung sowie weitere Erkenntnisse der Forschung über das Mpox-Virus.

Die Viruserkrankung Mpox ist wieder auf dem Vormarsch. © AdobeStock

Wieder mehren sich in Europa die Meldungen von Menschen, die sich mit dem Mpox-Virus angesteckt haben. Wie sich eine Erkrankung behandeln lässt, wie die Übertragung zwischen Menschen erfolgt und wie groß die Gefahr ist, dass es zu einem endemischen oder gar pandemischen Ausbruch kommt, weiß der Immunologe Andreas Bergthaler. Im Interview teilt der Forscher an der MedUni Wien sowie am CeMM - Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) den aktuellen Wissensstand über das Mpox-Virus.

Was wissen wir bis jetzt über Mpox?

Andreas Bergthaler: Sie wurden in den 1950er Jahren in einer Affenkolonie in Dänemark festgestellt, die dort damals zu Forschungszwecken gehalten wurden. Daher der Name, der eigentlich fälschlich ist, weil die Krankheit tatsächlich unter anderem in Nagetieren in Afrika vorkommt. In den 1970er Jahren wurde zum ersten Mal nachgewiesen, dass auch Menschen daran erkranken können und, dass die Krankheit sowohl von Tier zu Mensch, als auch von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Mpox sind in Afrika endemisch. Gleichzeitig sind in den letzten Jahrzehnten auch immer wieder Fälle und kleinere Cluster in Europa und den USA aufgetaucht – oft in Zusammenhang mit Reisetätigkeit oder Tiertransporten.

Mpox statt Affenpocken

Bis vor kurzem hieß die Krankheit noch Affenpocken. Warum wurden sie in Mpox umbenannt?

Bergthaler: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im November 2022 empfohlen, die englische Bezeichnung „Monkeypox“ in „Mpox“ zu ändern. Die Bezeichnung „Monkeypox“ für eine Viruserkrankung, die hauptsächlich in Afrika vorkommt, kann als rassistisch wahrgenommen werden. Seither sprechen wir von Mpox.

Bereits 2022 sind Fälle in Europa aufgetaucht. Jetzt wurden wieder Ausbrüche in afrikanischen Ländern gemeldet. Was hat sich seither getan?

Das Mpox-Virus hat sich weiter verändert und es gibt 2024 verschiedene Ausbrüche.

Bergthaler: Das Mpox-Virus hat sich weiter verändert und es gibt 2024 verschiedene Ausbrüche, die von Mpox-Viren des Stamms I ausgelöst wird. In Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) sind Mpox-Viren seit Jahrzehnten endemisch. Allerdings muss man zwei verschiedene genetische Stämme unterscheiden: Virustamm I, auch Klade I genannt, und Stamm II, bzw. Klade II. Der Ausbruch 2022 wurde von Mpox-Viren des Virusstamms II verursacht, der deutlich mildere Verläufe verursacht als Stamm I. Seit 2023 gibt es einen größeren Ausbruch von Mpox-Viren des Virusstamms I in der DR Kongo mit über 20.000 Verdachtsfällen und mehr als 1.200 Toten. Dieser zirkuliert aktuell nicht nur in der DR Kongo, sondern auch in den Nachbarstaaten.

Das ist der Grund, warum die WHO am 14. August eine 'Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite' für den aktuellen Mpox-Ausbruch ausgerufen hat. Diese erhöhte Alarmstufe ermöglicht es den betroffenen Staaten, ihre Schutzmaßnahmen zu intensivieren und internationale Ressourcen für die Bekämpfung des Virus freizumachen, etwa durch Impfstoffverfügbarkeit.

Und wie gefährlich ist die Situation in Europa?

Bergthaler: Der erste Fall in Europa wurde diesen Sommer in Schweden identifiziert. Er ist in Zusammenhang mit Reisetätigkeit in betroffenen afrikanischen Ländern aufgetreten. Mit weiteren sporadischen Fällen ist also auch in Europa zu rechnen. Aber: Wie schwer eine Erkrankung verläuft, auch ausgelöst durch den derzeit zirkulierenden Virusstamm I, ist stark von den Gesundheitsstandards und der medizinischen Ausstattung in einem Land abhängig. Für Europa hat Pamela Rendi-Wagner, Direktorin des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, das derzeitige Risiko als „gering“ eingestuft.

Unterschied zwischen Corona und Mpox

Insgesamt kann man davon ausgehen, dass das Virus träger und langsamer in seiner Evolution ist.

Was unterscheidet Mpox-Viren von Coronaviren?

Bergthaler: Sie unterscheiden sich in sehr vielen grundlegenden Eigenschaften. Die wichtigste Eigenschaft ist, dass Pockenviren ein DNA-Genom haben und Coronaviren oder Grippe-Erreger über ein RNA-Genom verfügen. Die Kopiermaschinen, also die Polymerasen von RNA-Viren, sind deutlich fehleranfälliger als DNA-Viren. Das heißt: Bei den Pockenviren beobachtet man circa 2 bis 6 Mutationen pro Jahr, verglichen zu durchschnittlich 25 bei Sars-CoV-2. Und: Die Evolution dieser Pockenviren ist deutlich langsamer. Das macht es einerseits schwieriger die Übertragungswege per Sequenzierung zu verfolgen. Andererseits ist es deshalb unwahrscheinlich, dass sich diese Viren so schnell wie Sars-CoV-2 ständig verändern. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass das Virus träger und langsamer in seiner Evolution ist.

Man kann sich von infizierten Tieren durch einen Biss oder auch durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten anstecken.

Wie kann man sich mit Mpox infizieren und was sind die Symptome?

Bergthaler: Man kann sich von infizierten Tieren durch einen Biss oder auch durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten anstecken. Beim Menschen sind es vor allem diese Hautausschläge, also die typischen Pocken, die infektiös sind. Zudem sind in vielen aktuellen Fällen diese Läsionen primär im Mund- und Genitalbereich zu finden. Grundsätzlich sind auch Tröpfchen eine Möglichkeit der Ansteckung, weil auch der Speichel infektiös ist. Aber viel mehr ist es der direkte körperliche Kontakt. Schützen kann man sich, indem man engen Körperkontakt mit Verdachtsfällen vermeidet. Das Virus zirkuliert zudem in Wildtieren, der Kontakt mit und Konsum von Wildtieren in den betroffenen Ländern in Afrika stellt daher ein weiteres potentielles Risiko dar.

Eine Mpox-Infektion verursacht neben den Hautausschlägen allgemeine Charakteristika von Infektionen wie Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit. Darüber hinaus kommt es zum Anschwellen von Lymphknoten.

Medikamente und Impfungen

Gibt es Medikamente oder Impfungen die vor einer Erkrankung schützen?

Bergthaler: Es gibt zum einen ein Medikament – es heißt Tecovirimat –, das für die Behandlung von Mpox zugelassen ist. Aktuelle Daten einer Studie in der DR Kongo zeigen jedoch, dass dieses Medikament gegen Mpox-Viren des Virustamms Klade I wahrscheinlich keine ausreichende Wirkung zeigt.

Zum anderen gibt es Pockenvirus-Impfstoffe, die sowohl präventiv als auch in den ersten Tagen nach einer Infektion wirken. Eine Übersichtsarbeit, die mehrere Feldstudien zusammengefasst hat, kommt dabei auf eine Schutzwirkung von über 85 Prozent. Diese Mpox-Impfstoffe, die auf dem Prinzip von abgeschwächten Kuhpockenviren basieren, sind in der EU zugelassen und auch in Österreich vorrätig. Eine allgemeine Durchimpfung wird von der WHO nicht empfohlen. Das Nationale Impfgremium sieht die Mpox-Impfung für spezielle Personengruppen vor, die in engen Kontakt mit infizierten Personen stehen bzw. für medizinisches Personal, das einem hohen Risiko ausgesetzt ist, mit erkrankten Personen oder infektiösen Proben in Kontakt zu kommen.

 

Auf einen Blick

Andreas Bergthaler ist Forschungsgruppenleiter am CeMM - Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW und Professor für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien. Er studierte an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Seine Forschungsarbeit im Bereich von Virologie und Immunologie führte ihn u.a. an die Universität Zürich, die Universität Genf und das Institute for Systems Biology in Seattle. Im Rahmen eines FWF Exzellenzclusters und weiteren Projekten untersucht er aktuell die im Abwasser enthaltenen Viren und Mikroben. Darüber hinaus entschlüsselt seine Gruppe Veränderungen des Immunstoffwechsels während Virusinfektionen.