01.08.2024

„Jeder für Europa kritische Rohstoff kann Probleme verursachen“

Kritische Rohstoffe wie Lithium oder Mangan sind rar, werden aber für Europas Wirtschaft dringend benötigt. Eine neue Studie für das Europaparlament beleuchtet die Rolle von Forschung und Entwicklung rund um die Versorgung der EU. Die Ko-Autor:innen Steffen Bettin und Saskia Favreuille vom ITA erklären, wo die Risiken liegen und warum jeder Rohstoff andere Probleme aufwirft.

Kritische Rohstoffe werden über lange Strecken in die EU importiert. (Foto: Pixabay / archicampus)

Die Versorgung mit mineralischen Rohstoffen wie Kupfer oder Lithium ist für die europäische Wirtschaft von großer Bedeutung und für den gesellschaftlichen Wohlstand wesentlich. Da sie nur schwer ersetzt, und auch nur in wenigen Ländern abgebaut werden können, gibt es ein großes Risiko, dass es zu Versorgungsschwierigkeiten kommt. Aktuell gelten in der EU 34 Rohstoffe als kritisch, 17 davon können in Zukunft besonders wichtig werden, sie werden schon jetzt als „strategische Rohstoffe“ bezeichnet.

Eine neue Studie, an der das Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der ÖAW mitgeforscht hat, wurde am 22. Juli in Straßburg dem für Wissenschaft und Technik zuständigen Ausschuss des Europaparlaments präsentiert. Erst im Mai hat die EU einen eigenen Critical Raw Materials Act verabschiedet, um möglichen Liefer- oder Abbauengpässen vorzubeugen. Die Studie für das Europaparlament zeigt, wie Forschung und Innovation Probleme rund um die Versorgung mit kritischen Rohstoffen lösen helfen können.

Risiken bei Abbau, Verarbeitung und Lieferung

Laut Steffen Bettin und Saskia Favreuille vom ITA sind die Probleme vielfältig: „Es muss darauf geachtet werden, dass der Abbau nachhaltig funktioniert, dazu braucht es weniger Energieverbrauch. Wir brauchen außerdem mehr Forschung zu Wechselwirkungen von Rohstoffabbau und Umwelt. Nicht nur beim Abbau, sondern auch beim Veredeln der Materialien muss auf Energieeffizienz geachtet werden“, betont Steffen Bettin. Derzeit erfolgt die Veredelung aus Kostengründen zum Großteil in Ländern wie China. „Tatsächlich sollte man sich überlegen, dass man auch wieder in Europa Rohstoffe abbaut, weil es sehr problematisch ist dies in Gebiete auszulagern, die niedrigere Sicherheits-, Umwelt- oder soziale Standards haben“, meint Bettin.

Für Saskia Favreuille hinkt die Forschung insgesamt hintennach: „Es gibt sehr viele Rohstoffe, die wir als kritisch titulieren, aber nur wenige davon werden ausreichend untersucht.“ Sie entdeckte bei der Durchsicht vergangener EU-Projekte, dass noch etliche auf der Liste der als kritisch einzustufenden Rohstoffe nicht oder kaum beforscht wurden: „Cobalt oder Lithium, die wegen der E-Mobilität gerade voll im Trend liegen, werden etwa stark thematisiert, aber andere Rohstoffe werden genauso dringend benötigt“, betont Favreuille.

Mehr Forschung dringend notwendig

Um Nachhaltigkeitsversprechen einzulösen brauche es jedenfalls mehr internationale Zusammenarbeit, schließen die Studienautor:innen. „Forschung und Innovation müssen bei neuen Kooperationsverträgen eine größere Rolle spielen, damit es nicht nur bei Absichtserklärungen bleibt“, sind sich Bettin und Favreuille einig. „Es braucht definitiv zusätzliches Wissen und technische Innovationen, um Versorgungsschwierigkeiten vorbeugen zu können. Auch die Auswirkungen auf die Umwelt und die sozialen Auswirkungen müssen mehr beachtet werden.“