Kleidung erster Güte. Mode als Handlungsmacht adeliger Frauen im Wiener Biedermeier


Im Wien des frühen 19. Jahrhunderts nutzten adelige Frauen Mode als Mittel zur Gestaltung von Normen und zur Verhandlung geschlechtsspezifischer Vorstellungen. Als Konsumentinnen bestellten und kauften sie modische Kleidung und Accessoires bei Wiener Kleider- und Putzmacher:innen, oft nach französischem Muster gefertigt. Indem sie in bestimmten Teilen der Stadt, wie am Pratergelände oder der Bastei promenierten und in Verkaufslokalen in der Nähe des Stephansdoms Einkäufe erledigten, beanspruchten diese Frauen den öffentlichen Raum für sich. Das Projekt untersucht die Aneignung von Mode als Handlungsfeld und analysiert diese als Marker sozialer und geschlechtsspezifischer Hierarchien.

Importe von Trends und Mustern wurden im Gefolge der Napoleonischen Kriege unterbrochen, als soziale Ängste und antifranzösische Propaganda zur Etablierung der „Wiener Mode“ führten. Diese neue „Markenbezeichnung“ sollte den Einfluss „ausländischer“, insbesondere „französischer“ Kleidung verringern. Damit verbundene patriotische Kaufaufrufe werden ebenso beleuchtet, wie der Entwurf und die Entwicklung von Reise- und Sportbekleidung für Frauen, die sich in den zeitgenössischen Modezeitschriften niederschlägt.

Anhand frauen- und geschlechtergeschichtlicher Perspektiven und konsumgeschichtlicher Ansätze zeichnet das Projekt nach, inwieweit adelige Frauen am gesellschaftlichen Wandel in Wien partizipierten und wie sie entsprechende Transformationsprozesse in der Mode mitgestalteten. Als Quellenbasis dient dabei die umfassende Korrespondenz zwischen den Schwestern der gräflichen Familie Hoyos-Sprinzenstein. Das Potential der Archivbestände Adeliger für die Wiener Stadtgeschichte sowie adelige Frauen als Akteurinnen erfährt in der Forschung erst in den letzten zwanzig Jahren verstärkt Aufmerksamkeit.  Adelige verfügten aufgrund ihrer sozialen Stellung häufig sowohl über Sichtbarkeit als auch ökonomische Mittel und gestalteten als Konsumentinnen und Trendsetterinnen das gesellschaftliche Leben des Wiener Biedermeiers maßgeblich mit.

Projektleitung

Dr. Waltraud Schütz


Mitarbeiterin

Julia Czachs, BA


Projektlaufzeit

2021–2022


Finanzierung

Kultur, Wissenschafts- und Forschungsförderung der Stadt Wien