Das europäische Fusionsforschungsprogramm ist seit jeher stark vernetzt und nach Forschungsschwerpunkten gebündelt. Von 1999 bis Ende 2023 wurde die zu der Zeit größte Fusionsforschungsanlage JET in Culham (UK) von den europäischen Fusionslaboratorien gemeinschaftlich betrieben. Das Fusionsforschungsprogramm wurde im Rahmen des European Fusion Development Agreement (EFDA) ab 1999 auf den Bau und Betrieb von ITER fokussiert. Das Arbeitsprogramm des EUROfusion Konsortiums orientiert sich an den Missions der 2012 von EFDA publizierten "Roadmap to the Realisation of Fusion Energy" und der aktualisierten Version aus dem Jahr 2018.

Fusionsforschung an österreichischen Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen erfolgt in Kooperation mit renommierten europäischen Fusionsforschungslabors und mit Partnern an europäischen Universitäten:

Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

In Garching bei München ging 1991 die größte deutsche Fusionsanlage vom Typ Tokamak ASDEX Upgrade in Betrieb. ASDEX Upgrade, das "Axialsymmetrische Divertor-Experiment", soll Kernfragen der Fusionsforschung unter kraftwerksähnlichen Bedingungen untersuchen und die physikalischen Grundlagen für ITER und DEMO erarbeiten. Dazu sind wesentliche Plasmaeigenschaften, vor allem die Plasmadichte, der Plasmadruck und die Belastung der Wände, den Verhältnissen in einem späteren Fusionskraftwerk angepasst.

Die Experimentieranlage Wendelstein 7-X soll die Kraftwerkstauglichkeit von Fusionsanlagen des Typs "Stellarator" demonstrieren. Die Hauptmontage von Wendelstein 7-X wurde 2014 abgeschlossen. Nach der schrittweisen Prüfung aller technischen Systeme ging die Anlage am 10. Dezember 2015 in Betrieb und erzeugte das erste Helium-Plasma. Am 3. Februar 2016 folgte in Anwesenheit der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Erzeugung des ersten Wasserstoff-Plasmas. Wendelstein 7-X ist die weltweit größte Fusionsanalge vom Typ Stellarator. Ihre Aufgabe ist es, die Kraftwerkseignung dieses Bautyps zu untersuchen.

Culham Centre for Fusion Energy

JET  (Joint European Torus) war für lange Zeit der weltweit größte Tokamak und außerdem die einzige Forschungsanlage, mit der Experimente mit einer Brennstoffmischung aus Deuterium und Tritium möglich waren. Bei der Deuterium-Tritium Kampagne im Jahr 1997 wurde die bisher höchste Leistung von 16 MW erzielt. JET wurde in den Jahren 2011 bis 2013 mit ITER-ähnlichen Wandmaterialien nachgerüstet. Großes Aufsehen erregte der Energierekord von 59 Megajoule, welcher bei der zweiten DTE-Kampagne im Dezember 2021 erzielt wurde. Im Rahmen der DTE3-Kampagne, welche von August bis Oktober 2023 lief, wurde dieser Rekord gebrochen. Den Forschern gelang es bei einem Verbrauch von nur 0,2 Milligramm Brennstoff 69 Megajoule an Energie zu erzeugen. Mit den Experimenten der DTE3-Kampagne wurde auch demonstriert, dass die routinemäßige Erzeugung zuverlässiger Fusionsplasmen möglich ist.

Ende Dezember 2023 stellte der Tokamak, welcher im Juni 2023 sein 40. Jubiläum feierte, den Plasmabetrieb ein. Im Laufe der Jahre arbeiteten Wissenschaftler von mehr als 31 europäischen Laboratorien unter der Leitung des EUROfusion-Konsortiums an den Experimenten bei JET mit und lieferten unverzichtbare Ergebnisse für den Betrieb von ITER und von anderen zukünftigen Fusionsanlagen.

Nach der Stillegung begann für JET die nächste Phase „Repurposing & Decommissioning“, welche wertvolle Erkenntnisse darüber liefern wird, wie künftige Fusionsanlagen nachhaltiger und kostengünstiger gestaltet werden können.

MAST Upgrade basiert auf der ursprünglichen MAST-Maschine (Mega Amp Spherical Tokamak), die von 2000 bis 2013 in Betrieb war. Sie wurde umgebaut, um eine höhere Leistung - längere Pulse, höhere Heizleistung und ein stärkeres Magnetfeld - und ein innovatives neues Plasmaabzugssystem zu ermöglichen. Die Plasmaabgase sind ein zentrales Problem, das gelöst werden muss, um kommerzielle Fusionsenergie zu erzeugen. MAST Upgrade ist der erste Tokamak, in dem der "Super-X-Divertor" getestet wird. Dabei handelt es sich um ein Abgassystem, das die Wärme- und Strombelastung durch die aus dem Plasma austretenden Teilchen verringern soll, so dass die Divertorkomponenten wesentlich länger halten dürften.

Internationale Fusionsforschung: die Rolle der IAEA

Mehr als 50 Mitgliedstaaten der IAEA arbeiten derzeit auf dem Gebiet der Kernfusionsforschung. In den letzten Jahren wurden beeindruckende Fortschritte erzielt. Es bleibt jedoch die Herausforderung, den wissenschaftlichen Nachweis für die Nutzung der Kernfusion als Energiequelle zu erbringen. Für diese Aufgabe sind große, komplexe und teure Anlagen notwendig, um reaktor-relevante Technologien zu entwickeln und zu testen.

Die IAEA (International Atomic Energy Agency) unterstützt internationale Zusammenarbeit und Koordination, um Lücken in Physik, Technologie und Regeltechnik zu schließen und die friedliche Nutzung der Kernfusion näher zu bringen. Die IAEA fördert in diesem Zusammenhang Plasmaphysik, spezielle Technologien und Materialforschung sowohl für den magnetischen Einschluss als auch für die Trägheitsfusion.   

Weitere Informationen der IAEA zur Fusionsforschung finden Sie HIER.

Weitere Koorperationen