11.06.2015

Was bringt die Zukunft

Was sagt unser Bedürfnis die Zukunft vorherzusagen über die Gegenwart aus? Die ITA-Jahreskonferenz stand diesmal im Zeichen von Technikutopien und Technikrealitäten.

Dr. Leena ILMOLA-SHEPPARD ist Senior Researcher am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA). Sie forscht zu Unsicherheit und der Widerstandsfähigkeit sozialer Systeme. (Foto: Jaro Krieger-Lamina/ITA)

Der Saal platzte aus allen Nähten. Das Thema Zukunft hat Saison. Von den Computer-Brillen bis zu den selbst fahrenden Autos – immer wieder versuchen sich ExpertInnen an Szenarien, um Zukunft abschätzbar zu machen. Bei der Konferenz „Zukunft | Macht | Technik“, die das ITA am 1. Juni an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften veranstaltete, diskutierten 120 TeilnehmerInnen etwa darüber, ob Prognosen überhaupt objektiv sein können.

Von Nano bis Assisted Living

Das ITA präsentierte eine Bandbereite an Beiträgen zum Thema Zukunftsgestaltung: Helge Torgersen warf einen kritischen Blick auf die mögliche Etablierung von Substanzen zum Neuro-Enhancement. Mahshid Sotoudeh forscht in mehreren Projekten zu neuen Modellen des Lebens im Alter. Andre Gazso, Projektleiter des von mehreren österreichischen Ministerien geförderten Projekts NanoTrust, betonte die Wichtigkeit von Transparenz für eine vorsorgliche Risiko Governance von Nanotechnologien und Nanomaterialien.

Was kommt zuerst – der Wert oder die Prognose?

„Es scheint als ob unsere Zukunft immer unsicherer wird. Warum ist das so?“, fragte Lena Illmola-Sheppard (IIASA) in ihrer Eröffnungsrede. „Es hängt damit zusammen, dass wir heute immer öfter erleben, wie Unmögliches möglich wird. Das verunsichert uns.“ Prognosen könnten aber nur bedingt dabei helfen, Zukunft steuerbar zu machen. „Unsere Sicht auf die Welt spielt bei Prognosen immer eine Rolle. Wir verwenden Methoden, die auch unsere Werte widerspiegeln.“ Wesentlich sei jedenfalls, Methoden anzuwenden, die Unwahrscheinlichkeit höher bewerten. „Wenn wir einfangen wollen, was noch niemals da war, müssen wir komplexere Szenarien anwenden.“

Wenn man nichts abschätzen kann

Was tun, wenn eine Technologie so neu ist, dass ihre Entwicklung nicht vorhergesehen werden kann? Technikfolgenabschätzung für „New and Emerging Sciences and Technologies“ zu betreiben, ist eine Herausforderung. „Wenn wenig Fakten vorliegen, beurteilen wir Technologien in der Technikfolgenabschätzung (TA) oft über die Art der Debatte, die über sie geführt wird: Sie kann etwa kontrovers sein, wie beim Human Enhancement, oder auf ökonomische Ziele ausgerichtet, wie z.B. bei Nanotechnologien“, meint Helge Torgersen.

Für die Auswertung von Debatten braucht es für Armin Grundwald vom ITAS Karlsruhe die Einbeziehung weiterer Disziplinen: „Die Gehalte von Zukunftsprojektionen umfassen auch kulturelle Erzählungen und Muster, die sich wiederholen. Das auszuwerten wäre auch eine Sache von auf den ersten Blick weniger nahe liegenden Disziplinen wie Kulturwissenschaften, Philosophie oder Geschichte.

Jugend ohne Revolution

Junge Deutsche sind erstaunlich konservativ. Dieses Ergebnis brachten zumindest zwei Studien, die Veronika Schmid (Uni Marburg) und Sebastian Schmid (Uni Regensburg) durchgeführt haben. Sie haben Studierende, die sich selbst als eher liberal bezeichnen, zum Thema Zukunft befragt und ein sehr passives, wenig visionäres Bild erhalten. "Die Mehrheit der Befragten gab zwar an, sich mit der Technisierung des Alltags nicht wohl zu fühlen. Es gab aber keine Tendenz, die Zukunft aktiv mitgestalten oder das bestehende System ändern zu wollen.“

Die Macht des Designs

Frank Heidmann (FH Potsdam) sprach in seinem Vortrag zu „Critical und Speculative Design“ über Möglichkeiten,  Mensch-Technik-Kooperationen durch Design sichtbar zu machen. Design sei, so Heidmann, eine neue Form der Revolution, die unsere Gesellschaft in verschiedenste Richtungen steuern kann. Es könne  nicht zuletzt auch die Erträglichkeit von Technik für unterschiedliche Zielgruppen elementar beeinflussen.

Das vollständige Programm, Abstracts und Vorträge gibt es hier zum Nachlesen. 


11.06.2015