03.01.2020 | Institute

ÖAW STÄRKT SCHWERPUNKTE IN DEN GEISTESWISSENSCHAFTEN

Die Forschungsagenden des Austrian Centre for Digital Humanities und des Instituts für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung werden ausgebaut und klarer profiliert. Die – auch namentliche – Neugestaltung der beiden Institute ist Ausdruck einer weiteren Stärkung der geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschung an der ÖAW.

© ÖAW/Klaus Pichler

Die Bewahrung, Erschließung und Interpretation des kulturellen Erbes sind wesentlicher Bestandteil der Arbeit wissenschaftlicher Akademien. Auch an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat die geisteswissenschaftliche Forschung in all ihren Facetten eine lange Tradition. So ist etwa die Edition österreichischer Geschichtsquellen bereits seit der Gründung der Akademie im Jahr 1847 eine ihrer zentralen Aufgaben. Heute forschen elf international vernetzte und anerkannte Institute der ÖAW zu zentralen geistes- und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen.

Zwei dieser ÖAW-Institute bauen nun ihre Agenden in der Forschung weiter aus: Das Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung wird seine Expertise in der Erforschung der Habsburgermonarchie um kunstgeschichtliche Aspekte ergänzen, das Austrian Centre for Digital Humanities erweitert sein Portfolio um Langzeitvorhaben zur Erschließung des kulturellen Erbes. 

Digitale Tools für die Humanities

Die Digitalisierung, die alle Bereiche des Alltags durchdringt, ist längst auch in den Geisteswissenschaften angekommen. Forschung in diesem Bereich bedeutet zwar weiterhin, historische Quellen aufzuspüren oder einzigartige Zeugnisse vergangener Kulturen zutage zu fördern, doch zugleich werden die aufgespürten Quellen und Daten zunehmend mit digitalen Methoden und Werkzeugen aufbereit und analysiert, sodass die Daten und Korpora gemeinsam mit den gewonnenen Forschungsergebnissen digital zugänglich gemacht werden. So eröffnet das Paradigma der „Digitalen Geisteswissenschaften“ neue Forschungszugänge und Perspektiven auf unser kulturelles Erbe.

Die Akademie hat die enorme Dynamik und das hohe Innovationspotential der Digitalisierung in den Geisteswissenschaften schon früh erkannt und bereits 2015 das Austrian Centre für Digital Humanities der ÖAW geschaffen. Nun erfolgt die nächste Ausbaustufe.

Mit der Eingliederung der Abteilung Musikwissenschaft des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen, dem Österreichischen Biographischen Lexikon sowie der Arbeitsstelle „Österreichische Corpora und Editionen“ sind – gemeinsam mit dem bereits 2016 im Institut angesiedelten „Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich“ – maßgebliche Langzeitvorhaben, die schon heute mit digitalen Tools arbeiten, nun unter einem Dach vereint. „Das schafft neue Synergien sowie neue Vernetzungen und eröffnet bisher unbeschrittene Wege in der wissenschaftlichen Bearbeitung des reichhaltigen kulturellen Gedächtnisses“, ist Institutsdirektorin Alexandra N. Lenz überzeugt. 

Diese inhaltliche Erweiterung spiegelt sich auch in einem neuen Namen des ÖAW-Instituts wider: Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage – kurz ACDH-CH – bzw. der deutschsprachigen Entsprechung Österreichisches Zentrum für Digitale Geisteswissenschaften und Kulturelles Erbe.

Habsburgermonarchie und Balkan im Fokus 

Mit der Bündelung von Expertise und Erfahrung sowie einer Fokussierung auf neue Forschungsakzente ist auch die Umbenennung des Instituts für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung verbunden: Es wird zum Institute for Habsburg and Balkan Studies – kurz IHB – bzw. Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes.

Mit der Erweiterung durch die Abteilung Kunstgeschichte des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen entsteht eine im internationalen Vergleich einzigartige Institution, wie Institutsdirektorin Katrin Keller betont. Das Institut, das 2013 aus dem Zusammenschluss mehrerer Kommissionen der ÖAW entstand, hat seine Forschungsagenda bereits ab 2017 verstärkt auf die frühe Neuzeit orientiert, während zeitgeschichtliche Projekte in den letzten Jahren zum Abschluss gebracht wurden.

Damit bestimmen Forschungen zur Geschichte der habsburgischen Länder seit dem 16. Jahrhundert unter Einbeziehung digitaler Forschungs- und Editionsprojekte die Arbeit. Zur Kunstgeschichte ergeben sich dabei zahlreiche inhaltliche Verknüpfungen und gemeinsame Fragestellungen. Auch die Balkanforschung ist mit ihrer Ausrichtung auf die eng verbundene Entwicklung der ost- und südosteuropäischen Nachbarregionen ein wichtiges Standbein des neu aufgestellten Instituts.

„Mit der Profilschärfung und Erweiterung um die Kunstgeschichte wird der Entwicklungsprozess der letzten Jahre nun zum Abschluss gebracht. Aus einem rein historischen wird damit ein multidisziplinäres Institut mit den Bereichen Geschichte, Kunstgeschichte, europäische Ethnologie und historische Linguistik“, erklärt Keller.