24.08.2018

Mit dem Roboter per Du

Roboter werden in Zukunft unseren Alltag immer stärker prägen. Doch wie können Mensch und Maschine sich optimal verstehen? Und wollen Menschen überhaupt mit Robotern interagieren? Diese Fragen erforscht die Soziologin Astrid Weiss, indem sie menschliche mit künstlicher Intelligenz zusammenbringt.

© ÖAW/ Daniel Hinterramskogler
© ÖAW/ Daniel Hinterramskogler

Kaum jemand käme vermutlich auf die Idee, seinem Toaster einen Namen zu geben. Bei Maschinen, die mit uns kommunizieren können, ist das jedoch anders. Siri und Alexa kennt inzwischen jeder und Sophia sorgte zuletzt für einige Schlagzeilen. In Zukunft werden vermutlich noch weitere Namen hinzukommen, denn künstliche Intelligenz und humanoide Robotik sind auf dem Vormarsch.

Damit rückt aber auch die Frage in der Vordergrund, wie Mensch und Maschine einander optimal verstehen können. Dem Ding einen Namen geben, ist da noch die einfachste Übung. „So synchron wie die Kommunikation zwischen zwei Menschen, ist die Kommunikation von Mensch zu Maschine noch nicht“, sagt Astrid Weiss von der TU Wien, die heuer in die Junge Akademie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gewählt wurde. Die Soziologin will in ihrer Forschung die Interaktion von Menschen und Robotern verbessern. Um das zu erreichen, muss sie herauszufinden, wie die beiden miteinander interagieren und ob sich Menschen dabei wohlfühlen, erzählt Weiss im Interview.  

In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Roboter. Worum geht es dabei?

Astrid Weiss: Ich erforsche, warum Menschen gewisse Technologien in ihrem Alltag akzeptieren und bei anderen eher zurückhaltender sind. Anfangs habe ich nicht nur Roboter genauer auf ihre Bedienbarkeit und Akzeptanz analysiert, sondern auch Webseiten, Universalfernbedienungen, die ersten internetfähigen Handys und vieles mehr. Im Bereich der Servicerobotik habe ich vorranging die Interaktion mit humanoiden Robotern untersucht. In meiner Forschung geht es vordergründig um die Frage: Was kann ein Roboter sinnvolles für den Menschen tun und wie müssen die Interaktionsabläufe gestaltet sein?

Längst übernehmen Maschinen viele tägliche Arbeiten. Wie können Mensch und Roboter besser zusammenarbeiten?

Weiss: Im Bereich der Interaktion spielt Feedback eine große Rolle. Als Beispiel: Wenn ein Roboter mich anspricht, löst das die Erwartung aus, dass ich ihm antworten kann und wir ein Gespräch beginnen. Doch so synchron wie die Kommunikation zwischen zwei Menschen, ist die Kommunikation von Mensch zu Maschine eben noch nicht. Hier gibt es einige Limitierungen. Wir müssen also auch andere Feedbackkanäle, wie Geräusche oder Bewegungen nutzen und gezielt gestalten, damit der Endnutzer weiß, was der Roboter gerade tut. Und hier kann man sich auf vertraute Zeichen, sogenannte mentale Modelle, stützen. Wenn ein Lämpchen rot blinkt, wissen wir, es passiert irgendetwas. Ich befasse mich in meiner Forschung aber auch mit Störungsfällen in der Mensch-Roboter-Interaktion. Die entscheidende Frage lautet dabei: Wie kann ein Roboter Fehler kommunizieren und wie kann der Mensch Hilfe leisten?

Wie machen Sie Ihre Forschung messbar?

Weiss: Das Kernelement sind repräsentative Nutzerstudien. Wenn Roboter zum Beispiel für die Altenpflege analysiert werden sollen, dann testen entweder der Altenpfleger oder die Altenpflegerin oder Pensionist/innen die Roboter anhand von Beispielaufgaben. Dabei analysieren wir das Verhalten der Testpersonen anhand von Videos und Beobachtungsprotokollen. Anschließend kommen meistens Interviews und Fragebögen zum Einsatz. Außerdem können wir auch mit physiologischen Messungen, zum Beispiel Veränderungen der Pupillen oder der Herzfrequenzrate feststellen, ob sich der Tester in Interaktion mit der Maschine wohlfühlt, oder ob die Person ein erhöhtes Stresslevel hat.

 

Wir können mit physiologischen Messungen, zum Beispiel Veränderungen der Herzfrequenzrate feststellen, ob sich der Tester in Interaktion mit der Maschine wohlfühlt, oder ob die Person ein erhöhtes Stresslevel hat.

 

Bislang waren Laborstudien vorherrschend. Wir sind dennoch sehr froh, dass die prototypischen Systeme nun stabil genug werden, um ins Feld zu gehen und die Technologie unter realen Bedingungen direkt beim Endnutzer testen zu können. So können wir über längere Zeiträume mit Interviews und Tagebüchern Daten sammeln, um zu sehen, wie Menschen mit Robotern in ihrem Alltag umgehen.

Aktuell forschen sie zu sogenannten „Companion Robots“. Wofür werden diese eingesetzt?

Weiss: Solche „Gefährten-Roboter“ werden entwickelt, um Menschen im Alltag zu unterstützen. Aber nicht nur das: Der Roboter versucht auch auf der sozialen Ebene zu kommunizieren und sich auf eine emotionale Weise an Nutzer/innen zu binden. Bisher gab es keine Langzeitstudien zu diesen Robotern, da noch keine im Handel erhältlich waren. Wir sehen uns den Roboter „Buddy“ an, der von der französischen Firma „bluefrog robotics“ entwickelt wurde. „Buddy“ kann Mails lesen, Menschen aufwecken, den Haushalt überwachen und Geräte oder Lichter ein- und ausschalten und vieles mehr. Innerhalb der nächsten drei Jahre lassen wir „Buddy“ in acht unterschiedlichen österreichischen Haushalten navigieren und werden die Ergebnisse dann evaluieren.

 

Buddy“ kann Mails lesen, Menschen aufwecken, den Haushalt überwachen und Geräte oder Lichter ein- und ausschalten.

 

Welche Chancen sehen Sie für die Zukunft in der Interaktion Mensch-Maschine? Können Roboter zum Beispiel künftig Leben retten?

Weiss: In den vergangenen zwanzig Jahren gab es sehr viele Fortschritte in den unterschiedlichsten Anwendungsfeldern von Robotik. Bei der Nuklearkatastrophe in Fukushima 2011 ist zum Beispiel Search-and-rescue-Robotik zum Einsatz gekommen. Roboter werden aber auch bei der Therapie von autistischen Kindern eingesetzt, in der Pflege oder zum autonomen Fahren. Am Universalroboter, den wir uns alle wünschen, wird noch immer gearbeitet. Die nähere Zukunft sehe ich aber bei so genannten Telepräsenzsystemen, einer Art ferngesteuertem Roboter, den ich zur Interaktion nutzen kann, wenn ich selbst nicht vor Ort bin.

 

Astrid Weiss studierte Soziologie an der Universität Salzburg, wo sie auch zu adaptiven intelligenten Systemen promovierte. Seit 2013 forscht sie an der TU Wien, inzwischen als Senior Researcher mit einem Elise Richter Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF. Auslandsaufenthalte führten sie u.a. nach Japan, Deutschland, Frankreich und in die Niederlande. 2018 wurde Astrid Weiss zum Mitglied der Jungen Akademie der ÖAW gewählt.

TED-TALK von Astrid Weiss: Will care robots care?


Die Junge Akademie der ÖAW besteht aus bereits etablierten Nachwuchswissenschaftler/innen aller Fachrichtungen und hat bis zu 70 Mitglieder. Diese bilden die Stimme einer jungen Generation in der Wissenschaft und setzen sich für interdisziplinären Austausch und die Identifizierung innovativer Forschungsfelder ein.
 

Junge Akademie der ÖAW

Mitglieder der Jungen Akademie der ÖAW