11.12.2015

HERTA NAGL-DOCEKAL FÜR LEBENSWERK GEWÜRDIGT

Die Philosophin erhält den Gabriele Possanner-Würdigungspreis.

© Friederike Kienesberger

Herta Nagl-Docekal wurde am 11. Dezember der Gabriele Possanner-Würdigungspreis 2015 verliehen. Damit ehrt das Wissenschaftsministerium die Wiener Philosophin für ihr Lebenswerk, „das im Zeichen der Geschlechterforschung steht und sich auf die Geschlechterdemokratie fördernd auswirkt“, wie es bei der Preisverleihung durch Wissenschafts-Staatssekretär Harald Mahrer hieß.   

Nagl-Docekal, die der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) als wirkliches Mitglied eng verbunden und Professorin i.R. an der Universität Wien ist, zählt zu den bekanntesten österreichischen Philosophinnen der Gegenwart. Durch ihre langjährige Tätigkeit in der Forschung, der akademischen Lehre und in verschiedenen Fachverbänden hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass ihre hauptsächliche Wirkungsstätte, die Universität Wien, zu einer international anerkannten und im deutschsprachigen Raum führenden Institution auf dem Gebiet der feministischen Philosophie wurde. Ihre Arbeiten wirken weit über die Grenzen Österreichs hinaus, was sich an zahlreichen Publikationen im Ausland, insbesondere den Übersetzungen ihrer Werke in den USA, den Niederlanden, in Japan, Lettland, Tschechien, Ungarn und in der Slowakei, sowie durch ihre Tätigkeit als Gastprofessorin und ihre Gastvorträge in mehr als 20 Ländern, zuletzt etwa in China, eindrucksvoll zeigt.

Bereichernde Leibniz Lectures

Auch die ÖAW bereichert Herta Nagl-Docekal durch ihre philosophischen Aktivitäten seit Langem. So zeichnet sie für die wissenschaftliche Konzeption und Organisation einer der renommiertesten Vortragsreihen der Akademie verantwortlich, den seit 2005 stattfindenden, und somit heuer ihr zehnjähriges Jubiläum feiernden, Leibniz Lectures. Im Rahmen der Reihe gelang es ihr, international anerkannte Philosophen – und vor allem auch Philosophinnen – nach Wien zu holen, wie Seyla Benhabib, Martha Nussbaum, Nancy Fraser oder, erst kürzlich, Birgit Sandkaulen. Vorläufig gekrönt wird die Reihe im November kommenden Jahres, wenn zum 300. Todestag von Gottfried Wilhelm Leibniz die vier Akademien der Wissenschaften, für die Leibniz konzeptionelle Entwürfe verfasst hat, namentlich Berlin-Brandenburg, Leipzig, St.Petersburg-Moskau und Wien, unter der Federführung Nagl-Docekals eine gemeinsame Tagung an der ÖAW veranstalten.

 

Herta Nagl-Docekal hat an der Universität Wien Geschichte, Philosophie und Germanistik studiert und sub auspiciis praesidentis rei publicae promoviert. Nach ihrer Habilitation im Fach Philosophie war sie von 1985 bis 2009 als Professorin am Institut für Philosophie der Universität Wien tätig. Neben ihrem Wirken an der ÖAW ist sie unter anderem ordentliches Mitglied des Institut International de Philosophie in Paris, Vizepräsidentin der Fédération Internationale des Sociétés de Philosophie und Mitherausgeberin der „Wiener Reihe. Themen der Philosophie“. Ihr im Jahr 2000 erschienenes Buch „Feministische Philosophie“ wurde in mehrere Sprachen übersetzt und ist nur eines von vielen Werken, das ihre lebenslange Auseinandersetzung mit feministischen Fragestellungen bezeugt. Für ihre Beiträge zur Philosophie wurde sie bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, wie etwa dem Käthe Leichter Staatspreis (1997) oder dem Preis der Stadt Wien für Geistes- und Sozialwissenschaften (2009).

Preis für Lebenswerk

Die Gabriele Possanner-Preise werden seit 1997 alle zwei Jahre vergeben und erinnern an die erstmalige Verleihung eines akademischen Grades an eine Frau durch eine österreichische Universität: Gabriele Possanner (1860-1940) erhielt 1897 ihr an der Universität Zürich erworbenes Doktorat der Medizin von der Universität Wien nostrifiziert. Neben Nagl-Docekal wurden am 11. Dezember 2015 auch die Medizinerin Alexandra Kautzky-Willer und die Musikwissenschaftlerin und Kultursoziologin Susanne Sackl-Sharif ausgezeichnet. Herta Nagl-Docekal ist in der Geschichte des Preises erst die zweite Person, die den Würdigungspreis erhält. 2013 war die Rechtswissenschaftlerin Ursula Floßmann die erste Preisträgerin.