03.08.2015

Gletscher schmelzen schneller

Die Gletscher schmelzen weltweit schneller als je zuvor. Bestätigt wird dieser Befund durch die bislang umfassendste, kürzlich publizierte Studie des World Glacier Monitoring Service (WGMS). Ko-Autorin Andrea Fischer vom ÖAW-Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung leistete mit Daten und Expertise aus Österreich einen zentralen Beitrag.

Schlatenkees. Bild: Wikimedia/CC

Österreich spielt – verglichen mit der Größe des Landes – in der internationalen Gletscherforschung eine  wichtige Rolle. Hierzulande stehen hervorragende Langzeitmessungen zur Verfügung, die für globale Analysen von großer Bedeutung sind, so auch für die jüngste Studie des World Glacier Monitoring Service (WGMS) an der Universität Zürich. Als Ko-Autorin der im Journal of Glaciology publizierten Studie hat Andrea Fischer, Gletscherforscherin und Senior Scientist am ÖAW-Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung (IGF) sowie nationale Korrespondentin beim WGMS maßgeblich mitgearbeitet. Ziel der Studie war es, Argumente zur Dynamik des Klimawandels auf eine solide Datenbasis zu stellen.

Gletscherrückgang nicht aufzuhalten

Zu diesem Zweck wurden alle verfügbaren Gletscherdaten der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts systematisch mit jenen aus dem 20. Jahrhundert verglichen. Am WGMS werden seit 120 Jahren Volums- und Masse-Veränderungen der Gletscher weltweit gesammelt und ausgewertet. Darüber hinaus nützen die Wissenschaftler/innen historische Text- und Bilddokumente, mit denen sie die Gletschersituation mancherorts bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen können.

Dank der breiten internationalen Zusammenarbeit des WGMS mit nationalen Korrespondent/inn/en aus mehr als 30 Ländern wird das Bild der heutigen Gletschersituation immer klarer. In der Studie kommen Erstautor WGMS-Direktor Michael Zemp und Ko-Autor/inn/en zum Schluss, dass der aktuell beobachtete Gletscherrückgang aus globaler Sicht keine Entsprechung in der Aufzeichnungsgeschichte hat. Und: er werde über Generationen hinweg nicht aufzuhalten sein, selbst dann nicht, wenn der globale Temperaturanstieg ab sofort gestoppt würde.

Globales Phänomen

„Messdaten, historische Bilder und Texte sprechen dieselbe Sprache, stellt IGF-Glaziologin Andrea Fischer fest.“ Seit Beginn der Aufzeichnungen hat sich der Rückgang in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts deutlich beschleunigt. Das erkennen wir, wenn wir die Dicke der Eismassen zwischen 2001 und 2010 mit jenen früherer Dekaden vergleichen. Anfang des neuen Jahrtausends sind sie jedes Jahr um einen halben bis einen Meter dünner geworden. Das ist zwei bis drei Mal mehr als der entsprechende Durchschnitt im 20. Jahrhundert“, untermauert Fischer die dynamische Entwicklung mit Zahlen.

Das Schmelzen betrifft einerseits die Dicke der Eismassen und zeigt sich darüber hinaus in dem kürzer Werden der Gletscherzungen – ebenfalls ein globales Phänomen. Es lässt sich übrigens leichter messen, als die gesamte Dicke der Eisschicht. Das war mit ein Grund, warum für die WGMS-Studie exakte Messungen der abnehmenden Eisdicken nur von einigen hundert Gletschern zur Verfügung standen. Bestätigt  aber wurden jene Messungen durch qualitative Feld- und Satelliten-Beobachtung bei mehreren zehntausend Gletschern rund um die Welt. Auch Gletschervorstöße, wie sie etwa in Norwegen in den 1990ern beobachtet werden konnten, stellen die den globalen Befund nicht in Frage. Sie waren mit wenigen Hundert Metern relativ kurz. Dadurch kamen die Gletscher bei weitem nicht an ihre Ausdehnung während der Kleinen Eiszeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert heran, wo sie mehrere Kilometer länger waren.

Link zur Studie