07.10.2020 | Zwischenstopp

BepiColombo zu Besuch bei der Venus

Nach dem Vorbeiflug an der Erde im April 2020 stattet die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo nun erstmals einem anderen Planeten in unserem Sonnensystem einen Besuch ab, um dessen Anziehungskraft für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung zu nutzen. Für die Weltraumforschung der ÖAW, die führend an drei Messgeräten beteiligt ist, bietet sich damit die nächste Gelegenheit, die Sensoren in Betrieb zu nehmen und Daten zu sammeln.

Bei ihrem zweiten von insgesamt neun Swing-By-Manövern wird sich die Doppelraumsonde BepiColombo am 15. Oktober um 05.57 MESZ der Venus auf 10.663 Kilometer nähern, um die Geschwindigkeit und Flugbahn in Richtung Merkur anzupassen. Die Venus ist jener Planet, der auf seiner Umlaufbahn der Erde mit einem minimalen Abstand von 38 Millionen Kilometern am nächsten kommt. Derzeit ist der Planet in aller Munde, weil in seiner Atmosphäre Monophosphan als möglicher Biomarker für außerirdisches Leben gefunden wurde.

Magnetische Aktivität der Venus

Die Signallaufzeit zwischen den Bodenstationen auf der Erde und der Raumsonde beträgt mittlerweile über neun Minuten. Das macht den Venus-Vorbeiflug zu einem ersten echten Test unter jenen Bedingungen, die ab 2026 beim Merkur – dem Ziel der Reise von BepiColombo – herrschen werden. Das Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden beteiligt, die während der über fünftägigen Venus-Kampagne durchgehend eingeschaltet sind.

„Die Flugbahn während des ersten Venus-Vorbeiflugs verspricht interessante Daten hinsichtlich der magnetischen Aktivität rund um den Planeten“, betont ÖAW-Wissenschaftler Martin Volwerk. „Wir können beobachten, wie sich die Aktivität des Magnetfeldes verändert, während sich BepiColombo dem Planeten nähert und sich dann wieder von ihm in kaum erforschte Magnetschweif-Regionen entfernt.“

Das Ionenspektrometer PICAM (Planetary Ion Camera) konzentriert sich auf Messungen in Regionen, in denen ein ausreichender Ionenfluss und damit eine verwertbare Signalstärke zu erwarten ist. „Wir konnten im Vorfeld die Betriebssoftware unseres Sensors an Bord der europäischen Raumsonde aktualisieren. In dieses Update sind direkt Erkenntnisse aus dem Earth-Flyby eingeflossen und wir gehen davon aus, dass sich das sehr positiv auf die Messergebnisse auswirken wird“, erklärt Harald Jeszenszky, Mitglied im Grazer PICAM-Team. PICAM wird ungefähr 28 Stunden in Betrieb sein und nur während zweier Satellitenmanöver aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden.

 

AUF EINEN BLICK

Die Satellitenmission BepiColombo zum sonnennächsten Planeten Merkur ist in vielerlei Hinsicht neu- und einzigartig: Sie ist nicht nur das erste europäisch-japanische Satellitenprojekt, an dem sowohl die Europäische Weltraumbehörde (ESA) als auch die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) beteiligt sind, es ist auch das erste Mal, dass zwei Weltraumsonden - Magnetosphärischer (MMO) und Planetarer Orbiter (MPO) - gleichzeitig zu diesem Planeten fliegen.

BepiColombo wurde am 20. Oktober 2018 gestartet und wird den Merkur im Dezember 2025 erreichen. Das Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist an den Magnetometern auf beiden Raumsonden beteiligt. Die Beteiligung wird von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert.