Vielsprachiges Gedächtnis der Migration

Schüler/innen und Studierende führen intergenerationelle Interviews

In den österreichischen Archiven und Oral-History-Sammlungen sind die migrantischen und postmigrantischen Gruppen sowie die Sprachen von Einwander/innen stark unterrepräsentiert. Dies trägt zur Reproduktion eines nationalen „Leitdiskurses“ bei, welcher der Diversität der Gesellschaft nicht gerecht wird.

In dem Projekt führen Schüler/innen und Studierende lebensgeschichtliche Oral-History-Interviews mit Vertreter/innen der älteren Generation in deren Herkunftssprachen oder auf Deutsch – nach Wahl der Interviewten.

Wenn Schüler/innen und Studierende als Kontaktpersonen zu Menschen aus ihrem Familien- und Bekanntenkreis fungieren, erleichtert das den Zugang zu Interviewpartner/innen, die sonst schwer für die Forschung erreichbar wären, und es ermöglicht ein Sampling, das in Hinblick auf die migrantischen Communities ein Minimum an sozialer oder institutioneller Selektion impliziert.

Mehr

Mehr

Die Interviews zeichnen die intergenerationelle Gedächtnisproduktion nach und bringen die Mehrsprachigkeit der jüngeren Generation in den Blick: indem die Jugendlichen aus den deutschsprachigen Bildungsinstitutionen heraus die Migrant/innen in deren Herkunftssprachen interviewen und Teile der Interviews ins Deutsche übersetzen.

Schüler/innen und Studierende werden mit der Frage der sozialen Repräsentativität historischer Quellen und mit der Methode der Oral History vertraut gemacht. Sie entwickeln die Fragen und führen die teilnarrativen Audiointerviews in Kleingruppen selbständig durch. Sie setzen sich produktiv mit der eigenen Mehrsprachigkeit auseinander und trainieren Praktiken des Übersetzens.

Es entstehen Tonaufzeichnung von rund 70 lebensgeschichtlichen Interviews mit Migrant/innen in mindestens 15 bis 20 Sprachen – als Beitrag zu einem österreichischen „Archiv der Migration“. Mit vollständiger Übersetzung werden die Interviews in der Österreichischen Mediathek archiviert und in einer Webausstellung präsentiert.

Die übersetzten Interviews werden historisch-narratologisch nach Schwerpunktsetzungen, Konzepten und Motiven von „Migrationserfahrung“ im intergenerationellen Setting analysiert. Unterstützt durch teilnehmende Beobachtung werden die kognitiven Erfahrungen der Schüler/innen und Studierenden zwischen Vorwissen, Erwartungen und narrativer Entfaltung im Interview untersucht. Soziolinguistisch werden die Interviewaufnahmen als Austragungsorte von Mehrsprachigkeit ausgewertet.



Projektleiter:  Georg Traska
Projektmitarbeiter/innen: Anne Unterwurzacher (Fachhochschule St. Pölten, Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung) / Gabriele Fröschl, Johanna Zechner, Johannes Kapeller (Österreichische Mediathek) /  Eva Vetter, Edna Imamović, Valéria Schörghofer-Queiroz (Zentrum für Lehrer/innenbildung und Institut für Sprachwissenschaft, Universität Wien)
Partnerschulen: Abendgymnasium Wien / BORG 3 Wien / HAK/HAS Mistelbach / HLW 19 Wien / Islamische Fachschule für soziale Bildung, Wien / JBBZ, Jüdisches Berufsbildungszentrum Wien / Komenský Schulverein, Wien / Wirtschaftsschulen Franziskanerinnen Amstetten / WMS/RG/ORG antonkriegergasse
Finanzierung:  Sparkling Science (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung)
Dauer: 01.11.2022 – 31.08.2025

Foto © Georg Traska