Schmerzengeld für Schock- und Trauerschäden : : rechtsvergleichende Analyse des Angehörigenbegriffes und der Mitverschuldensanrechnung / / Anita Maria Stiegler.

Ad 3 + 4 Im gemeinen Recht und im Strassenverkehrsrecht trifft man zwar zum Teil auf eine unterschiedliche rechtliche Natur der Schmerzengeldansprüche, das Ergebnis unterscheidet sich aber nicht wesentlich: in allen Fällen gelangt man zur Anrechnung des Mitverschuldens des Erstgeschädigten. Sowei...

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VerfasserIn:
Place / Publishing House:Wien : : Böhlau,, 2009.
Year of Publication:2009
Language:German
Physical Description:1 online resource (262 pages)
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Description
Summary:Ad 3 + 4 Im gemeinen Recht und im Strassenverkehrsrecht trifft man zwar zum Teil auf eine unterschiedliche rechtliche Natur der Schmerzengeldansprüche, das Ergebnis unterscheidet sich aber nicht wesentlich: in allen Fällen gelangt man zur Anrechnung des Mitverschuldens des Erstgeschädigten. Soweit ein abgeleiteter Anspruch vorliegt, stellt die Anrechnung des Mitverschuldens des Erstgeschädigten eine Selbstverständlichkeit dar. Bei selbstständigen Ansprüchen muss hingegen erst eine überzeugende Begründung gefunden werden, um die gleichzeitige Unabhängigkeit und Abhängigkeit des Schmerzengeld-Anspruches "naher Angehöriger" miteinander in Einklang zu bringen. Völlig zutreffend ist auch von einer gemischten Natur der Schmerzengeldansprüche "naher Angehöriger" die Rede. Es handelt sich dabei um selbstständige Ansprüche. Gleichzeitig sind Schock- und Trauerschäden aber durch die Einheit des schädigenden Ereignisses mit dem Erstschaden verbunden. Die intensive Gefühlsgemeinschaft zwischen "nahen Angehörigen" verbietet wechselseitige Schmerzengeldklagen, solange sie die Grundlage dafür bildet. Auf den ersten Blick weisen die von der Rechtsprechung gewählten Begründungen in den zu untersuchenden Rechtsordnungen durchaus Unterschiede auf: während in England, Deutschland und Österreich die "Angehörigeneigenschaft" als Grund und Grenze des Schmerzengeldanspruches im Vordergrund steht, wird in Frankreich die Einheit des schädigenden Ereignisses und in der Schweiz die Würdigung der besonderen Umstände des Falles als Begründung genannt. Der genauere Blick offenbart jedoch, dass auch die zunächst unterschiedlich scheinenden Begründungen nur gemeinsam Sinn machen: so könnte auch der Kassationshof über die Einheit des schädigenden Ereignisses keine Anrechnung vornehmen, wenn er die Solidarhaftung des Schädigers und des Erstgeschädigten (und insbesondere die Sorgfaltspflicht des Erstgeschädigten gegenüber seinen "nahen Angehörigen") nicht grundsätzlich ablehnen würde; auch in der Schweiz ist danach zu fragen, warum der Gesetzgeber eigentlich davon ausgeht, dass ein Schmerzengeld unter der Würdigung der besonderen Umstände zuzusprechen ist. Obwohl letztendlich die gewisse Abhängigkeit des Schmerzengeldanspruches (die Einheit des schädigenden Ereignisses oder auch die besondere Natur des Reflexschadens) und die Würdigung der Umstände des Einzelfalles dazu führen, dass das Mitverschulden des Erstgeschädigten bei der Schmerzengeldbemessung für seine "nahen Angehörigen" zu berücksichtigen ist, hat die Anrechnung des Mitverschuldens des Erst-Geschädigten in allen zu untersuchenden Rechtsordnungen als auch nach den Grundsätzen des europäischen Schadenersatzrechts immer dieselbe Wurzel: nämlich die "Angehörigeneigenschaft" bzw. die familiäre Solidarität zwischen "nahen Angehörigen". Um unerwünschte Ergebnisse und eine Verkomplizierung der Rechtslage zu vermeiden, ist das Mitverschulden des Erstgeschädigten zu berücksichtigen, wenn seine "nahen Angehörigen" ein Schmerzengeld für ihren Schock- oder Trauerschaden geltend machen.
Hierarchical level:Monograph
Statement of Responsibility: Anita Maria Stiegler.