Kinder-Machen : eine ethnographische Untersuchung zur Handhabe von ungewollter Kinderlosigkeit und den neuen Reproduktionstechnologien durch betroffene Frauen und Männer in Österreich / eingereicht von Bernhard Hadolt ; verfaßt gemeinsam mit Monika Lengauer

ger: Das vorliegende Dissertationsprojekt versteht sich als sozialanthropologische Grundlagenforschung im Bereich des oesterreichischen Gesundheitswesens zum Thema der neuen Reproduktionstechnologien (NRT). Es will einen Beitrag zu einem differenzierten Verstaendnis zur Frage leisten, welche Erfahr...

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Bibliographic Details
VerfasserIn:
Place / Publishing House:2003
Year of Publication:2003
Language:German
Subjects:
Physical Description:433 Bl.; graph Darst.
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Description
Summary:ger: Das vorliegende Dissertationsprojekt versteht sich als sozialanthropologische Grundlagenforschung im Bereich des oesterreichischen Gesundheitswesens zum Thema der neuen Reproduktionstechnologien (NRT). Es will einen Beitrag zu einem differenzierten Verstaendnis zur Frage leisten, welche Erfahrungen, Einstellungen und Handlungsweisen mit den zielgerichteten Anstrengungen verbunden sind, die Frauen und Maenner aufgrund ihrer ungewollten Kinderlosigkeit unternehmen bzw. auf sich nehmen, um mit medizinischer Hilfe ein eigenes Kind hervorzubringen. Dieser Forschungsfrage wurde unter besonderer Beruecksichtigung der Gender-Dimension durch eine ethnographische Untersuchung in einer auf die Behandlung von Unfruchtbarkeit spezialisierten Klinik in Wien nachgegangen. Die Untersuchung schliesst an Forschungen an, die von feministischer Seite bzw. jener der Medical Anthropology zum Thema der Reproduktion und der NRT durchgefuehrt wurden, stellt jedoch in zweierlei Hinsicht nicht nur fuer Oesterreich, sondern auch auf internationaler Ebene methodisches und inhaltliches Neuland dar: (1) Obwohl ein Grossteil dieser Studien die Dimension Gender als von zentraler Bedeutung herausstreicht, was die soziokulturelle Konstituierung und Beschaffenheit des Themas betrifft, wurden bislang mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich Frauen als Adressaten und Objekte der NRT thematisiert. Die vorliegende Arbeit laesst neben Frauen auch Maenner als von ungewollter Kinderlosigkeit Betroffene und als AkteurInnen in der reproduktionsmedizinischen Arena zu Wort kommen und geht der Frage nach, wie die Kategorien Frau, Mann und Paar in diesem Rahmen konstruiert, reproduziert und veraendert werden. (2) Die meisten der vorhandenen Studien stellen die Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Angebote durch Betroffene vorrangig als Zustand, nicht jedoch als einen laengeren Zeitraum umfassenden Prozess dar. Im Unterschied dazu sucht die vorliegende Dissertation, dem grundsaetzlich prozesshaften Charakter der Involviertheit von Frauen und Maennern in der Reproduktionsmedizin als Longitudinalstudie gerecht zu werden, und streicht deren Verlaufsaspekte heraus. Der Hauptteil des hier verwendeten ethnographischen Datenmaterials wurde in Zusammenhang mit acht Fallstudien ueber kinderlose Paare erhoben, die aufgrund ihrer ungewollten Kinderlosigkeit die beforschte Klinik aufsuchten und dort die diagnostischen und therapeutischen Moeglichkeiten der NRT in Anspruch nahmen. Die Paare wurden ueber einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten begleitet. Ueber diesen Zeitraum verteilt wurden je Paar bis zu sieben problemzentrierte Interviews ausserhalb des Klinik-Kontextes durchgefuehrt und weiters die Paare waehrend der ersten zehn Monate mittels teilnehmender Beobachtung zu Konsultationen und medizinischen Interventionen in die Klinik begleitet. Forschungsstrategisch und methodisch orientiert sich diese Studie an den Prinzipien der Grounded Theory. Diesen Prinzipien entsprechend integrieren sich die im Studienverlauf durchgefuehrten Analysen in einem Modell, das Kinder-Machen genannt wurde und welches das zentrale Ergebnis der Untersuchung darstellt. In Unterscheidung zum Kinder-Kriegen - dem Zeugen eigener Kindern durch Geschlechtsverkehr - meint das Phaenomen Kinder-Machen die zielgerichteten Anstrengungen von ungewollt kinderlosen Paaren bzw. Frauen, mit medizinischer Unterstuetzung ein eigenes Kind zu bekommen. In der Dissertation werden mit besonderer Beruecksichtigung von geschlechterdifferenzierenden Aspekten dargestellt: die ursaechlichen Bedingungen dieses Phaenomens (der Wunsch nach einem eigenen Kind, ein erschuettertes Reproduktionspotential und der Imperativ, zur Erfuellung dieses Wunsches taetig zu werden); dessen intervenierende Bedingungen (die derzeitige Verfasstheit der zur Anwendung kommenden Reproduktionstechnologien, die Unwaegbarkeiten des Kinder-Machen, die biographische und koerperliche Situation der betreffenden Frauen und Maenner, kulturelle Ideen zu Elternschaft und Geschlechterverhaeltnis etc.); dessen zentrale Eigenschaften (planvolle Handhabe, Kinder-Machen als Partnerschaftsprojekt und als muehevolles Anderes); die Strategien zur Bewaeltigung der Erfordernisse, Muehen und Unwaegbarkeiten des Kinder-Machens (unter anderem Investieren und Aus-Probieren); und schliesslich die Effekte, die diese Strategien auf das Kinder-Machen selbst und deren Ursachen, auf die Dynamik der Paarbeziehung der EhepartnerInnen und auf das imaginierte eigene Kind haben. Die aus der Untersuchung gezogenen Schlussfolgerungen betreffen die Medikalisierungsdebatte und Fragen von agency ebenso wie jene von Identitaet und Geschlechterrollen bzw. -differenzen, die Lokalitaet von globalen Medizintechnologien und den ambivalenten Status der Reproduktionsmedizin hinsichtlich ihrer Effektivitaet und als Ermoeglichungsmedizin.
eng: The thesis is concerned with the New Reproductive Technologies in regard to the Austrian health care system from a social anthropology point of view. Its central research question is: what are the experiences, ideas and ways of dealing which are connected to what has been conceptualised as Kinder-Machen (making-children). By this we mean the purposeful efforts which women and men make to get an own child by using the New Reproductive Technologies. With a particular interest in the gender-dimension this question was explored by means of ethnographic fieldwork in a medical institution in Vienna which specialises in the treatment of infertility. The study draws on grounded theory and is primarily based on the comparison between eight in-depth case studies about childless heterosexual couples, which have been carried out over a period of eighteen months. Regarding methods of data collection the study primarily relies on participant observation (during consultations in the clinic) and on semi-structured interviews with participants in the case studies (outside of the clinic-context).
ac_no:AC03739731
Hierarchical level:Monograph
Statement of Responsibility: eingereicht von Bernhard Hadolt ; verfaßt gemeinsam mit Monika Lengauer