Laokoon oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie / / Gotthold Ephraim Lessing.

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Place / Publishing House:Berlin ;, Boston : : De Gruyter, , [2022]
©1805
Year of Publication:2022
Edition:3. Aufl., Reprint 2022
Language:German
Online Access:
Physical Description:1 online resource (165 p.)
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Description
Other title:Frontmatter --
Vorrede --
Inhalt --
I. Das erste Gesetz der bildenden Künste war, nach Winkelmann, bey den Alten edle Einfalt und stille Größe sowohl in der Stellung als im Ausdruck --
II. Nach Lessing aber ist es die Schönheit Und daher hat der Künstler den Laokoon nicht schreyend bilden können, wohl aber der Dichter --
III. Wahrheit und Ausdruck kann nie das erste Gesetz der bildenden Künste seyn- weit der Künstler nur einen Augenblick und der Mahler insbesondere diesen nur in einem einzigen Gesichtspunkte brauchen kann. Bey dem höchsten Ausdruck kann der Einbildungskraft nicht freyes Spiel gelassen werden. Alles Transitorische bekommt durch die bildenden Künste unveränderliche Dauer, und der höchste Grad wird ekelhaft, sobald er beständig dauert --
IV. Bey dem Dichter ist es anders. Das ganze Reich der Vollkommenheit steht seiner Nachahmung offen. Er braucht nicht sein Gemählde in einen einzigen Au, genblick zu concentriren. Vom Drama, das ein redendes Gemählde seyn soll. Erklärung des Sopho, klassischen Philoktet --
V. Es giebt Kenner des Alterthums, welche die Gruppe Lavkoon zwar für ein Werk griechischer Meister, aber aus der Zeit der Kaiser halten, weil sie glauben, daß berVirgilische Laokoon dabey zum Vorbilde gedient habe --
VI. Meine Voraussetzung, daß die Künstler dem Dichter nachgeahmt haben, gereicht ihnen nicht zur Verkleinerung. Ihre Weisheit erscheint vielmehr durch diese Nachahmung in dem schönsten Licht. Sie folgten dem Dichter, ohne sich in der geringsten Kleinigkeit von ihm verführen zu lassen. Sie hatten ein Vorbild, aber da sie dieses Vorbild aus einer Kunst in die andere hinüber tragen mußten, so fanden sie genug Gelegenheit, selbst zu denken. Und diese ihre eigene Gedanken, welche sich in den Abweichungen von ihrem Verbilde zeigen, beweisen, daß sie in ihrer Kunst eben so groß gewesen sind, als er in der seinigen --
VII. Von der Nachahmung. Sie ist verschieden. Man kann ein ganzes Werk eines arkdern nachahmen, und da ist Dichter und Künstler Original: man kann aber nur die Art und Weise, wie ein anderes Werk gemacht worden, uachahmen, und das ist der Kopist. — Behutsamkeit, daß man nicht gleich vom Dichter sage, er habe den Mahler nachgeahmt und wieder umgekehrt. Speme in seinem Potymetis und Addison in seinen Reisen und Gesprächen über die alten Münzen haben den klassischen Schriftstellern dadurch mehr Nachtheil gebracht, als die schaalsten Wort, grübler --
VIII. Exempel davon aus dem Spence --
IX. Man muß einen Unterschied machen, wenn der Mahler für die Religion und wenn er für die Kunst gearbeitet --
X. Gegen stände, die blos für das Auge sind, muß nicht der Dichter brauchen wollen, dahin gehören alle Attribute der Götter. Spence wird widerlegt --
XI. Auch der Graf Caylus scheint zu verlangen, daß der Dichter seine Wesen der Einbildung mit allegorischen Akmit weicher er die ungezogenen Stellen der alten Dichter will erwogen haben, nicht den vortheilhaftesten Begriff erwecken --
XII. Homer bearbeitet eine doppelte Gattung von Wesen und Handlungen; sichtbare und unsichtbare. Diesen Unterschied kann die Mahlerey nicht angeben: bey ihr ist alles sichtbar; und auf einerley Art sichtbar --
XIII. Wenn Homers Werke gänzlich verloren wären, wenn wir von seiner Ilias und -Odyssee nichts übrig hätten, als eine ähnliche Folge von Gemählden, dergleichen Caylus daraus vorgeschlagen: würden wir wohl aus diesen Gemählden, — sie sollen von der Hand des vollkommensten Meisters seyn, — ich will nicht sagen, von dem ganzen Dichter, sondern bloß von seinem mahlerischen Talente, uns den Begriff bilden können, den wir jetzt von ihm haben? --
XIV. Ast dem aber so, und kann ein Gedicht sehr ergiebig für den Mahler, dennoch aber selbst nicht mahlerisch, hinwiederum ein anderes sehr mahlerisch, und dennoch nicht ergiebig für den Mahler seyn: so ist es auch um den Einfall des Grafen Caylus gethan, welcher die Brauchbarkeit für den Mahler zum Probierstein der Dichter machen», und ihre Rangordnung nach der Anzahl der Gemählde, die sie dem Artisten darbieten, bestimmen wollen --
XV. Nun kann der Dichter zu diesem Grade der Illusion, wie die Erfahrung zeigt, auch die Vorstellungen anderer, als sichtbarer Gegenstände erheben. Folglich müssen nothwendig dem Artisten ganze Classen von Gemählden abgehen, bieder Dichter vor ihm voraus hat. Drydens Ode aufden Cäcilienstag ist voller musikalischen Gemählde, die den Pinsel müßig lassen. Doch ich will mich in dergleichen Erempel nicht verlieren, aus welchen man am Ende doch mohl nicht viel mehr lernt, als daß die Farben.keine Töne, und die Ohren keine Aus gen sind --
XVI. Doch ich will versuchen, die Sache aus ihren ersten Gründen herzuleiten --
XVII. Aber, wird man einwenden, die Zeichen der Poesie sind nicht bloß auf einander folgend, sie sind auch willkührlich; und als willkührliche Zeichen sind sie allerdings fähig, Körper, so wie sie im Raume eristiren, auszudrücken --
XVIII. Und dennoch sollte selbst Homer in diese frostigen Ausmahlungen körperlicher Gegenstände verfallen seyn? --
XIX. Die Einwürfe, welche der ältere Skaliger, Perrault, Terraffon und andere gegen den Schild Homers machen, sind bekannt. Eben so bekannt ist das, was Dacier, Boivin und Pope darauf antworten. Mich dünkt aber, daß diese letztem sich manchmal zu weit eintassen, und in Zuversicht auf ihre gute Sache, Dinge behaupten, die eben so unrichtig sind, als wenig sie zur Rechtfertigung des Dichters beytragen --
XX. Ich lenke mich vielmehr wieder in meinen: Weg, wenn ein Spatziergänger anders einen Weg,hat. Was ich von körperlichen Gegenständen überhaupt gesagt-habe, das gilt von körperlichen schönen Gegenständen um so viel mehr --
XXI. Aber verliert die Poesie nicht zu viel- wenn man ihr alle Bilder körperlicher Schönheit nehmen will? — Wer will ihr die nehmen? Wenn man ihr einen einzigen Weg zu verleiden sucht, auf welchem sie zu solchen Bildern zu gelangen gedenkt, indem sie die Fußstapfen einer verschwisterten Kunst aufsucht, in denen sie ängstlich herumirrt, ohne jemals mit ihr das gleiche Ziel zu erreichen: verschließt man ihr darum auch jeden andern Weg, wo die Kunst hinwiederum ihr nachsehen muß? --
XXII. Zeuris mahlte eine Helena, und hatte das Herz, jene berühmte Zeilen des Homers, in welchen die entzückten Greise ihre Empfindungen bekennen, darunter zu setzen. Nie sind Mahlerey und Poesie in einen gleicher« Wettstreit gezogen worden. Der Sieg blieb unentschieden, und beyde verdienten gekrönt zu werden --
XXIII. Ein einziger unschicklicher Theil kann die übereinstimmen, de Wirkung vieler zur Schönheit stöhren. Doch wird der Gegenstand darum noch nicht häßlich. Auch die Häßlichkeit erfordert mehrere unschickliche Theile, die wir ebenfalls auf einmal müssen übersehen können, wenn wir dabey das Gegentheil von dem empfinden sollen, was uns die Schönheit empfinden läßt --
XXIV. So nutzt der Dichter die Häßlichkeit der Formen: welchen Gebrauch ist dem Mahler davon zu machen vergönnt? --
XXV. Auch der zweyte Unterschied, welchen der angeführte Kunstrichter, zwischen dem Ekel und andern unangenehmen Leidenschaften der Seele findet, äußert sich bei der Unlust, welche die Häßlichkeit der Formen in uns erweckt --
XXVI. Des Herrn Winkelmann Geschichte der Kunst des Alterchums ist erschienen. Ich wage keinen Schritt weiter, ohne dieses Werk gelesen zu haben. Bloß aus allgemeinen Begriffen über die Kunst vemüusteln, kann zu Grillen verführen, die man über lang oder kurz, zu feiner Beschämung, in den Werken der Kunst widerlegt findet. Auch die Alten kennten die Bande, welche die Mahlerey und Poesie mit einander verknüpfen, und sie werden sie nicht enger zugezogen haben, als es beyden zuträglich ist. Was ihre Künstler gethau, wird mich lehren, was die Künstler überhaupt thun sollen; und wo so ein Mann die Fackel der Geschichte vorträgt, kann die Spekulation kühnlich nachtreren --
XXVII. Ich werde in meiner Meinung, daß die Meister bei Laokoons unter den ersten Kaisern gearbeitet habenwenigstens so alt gewiß nicht (eint können, als sie Herr Win" lmann ausgiebt, durch eine kleine Nachricht bestärkt, die er selbst zuerst bekannt macht. Sie ist dieses --
XXVIII. Nach dem Laokoon war ich auf nichts neugieriger, als auf das, was Herr Winkelmann von dem sogenannten Vorghesischen Fechter sagen möchte.
Ich glaube eine Entdeckung über diese Statue gemacht zu haben, auf die ich mir alles einbilde, was man sich auf dergleichen Entdeckungen einbilden kann --
XXIX. Bey der unermeßlichen Belesenheit, bey den ausgebreitersien feinsten Kenntnissen der Kunst, mit welchen sich Herr Winkelmann an sein Werk macht, hat er mit der edeln Zuversicht der alten Artisten gearbeitet, die allen ihren Fleiß auf die Hauptsache verwandten, und was Nebendinge waren, entweder mit einer gleichsam vorsetzlichen Nachläßigkeit behandelten, oder gänzlich der ersten der besten fremden Hand überließen --
Anhang zum Laokoon bestehend in dem, was sich noch unter des Verfassers nachgelassenen Handschriften zur Fortsetzung desselben vorgefunden --
1. Der Plan zum 2ten Theile des Laokoons --
2. Von der Verschiedenheit der Zeichen , deren sich die Künste bedienen --
3. Die verschiedenen Dimensionen schwächen die Wir« kung in der Mahlerey --
4. Allegorie --
5. Von den nothwendigen Fehlern --
6. Ueber eine Stelle aus Winkelinanns Geschichte der Künste, den Zenodorus betreffend --
7. Ueber einige Stellen aus dem Montfaucon. Montfaucon Antiquité Expliquée, premiere Partie, seconde Edit. de Paris 1722 --
8. Ueber eine Stelle aus dem Potter --
9. Von einem perspektivischen Gleichnisse des Homers --
10. Einzelne Gedanken zur Fortsetzung meines Laokoon --
11. Ueber Gerards Meinung, daß die Mahlerey auch das Erhabene ausdrücken könne, welches mit der Größe der Dimensionen verbunden ist
Format:Mode of access: Internet via World Wide Web.
ISBN:9783112625361
DOI:10.1515/9783112625361
Access:restricted access
Hierarchical level:Monograph
Statement of Responsibility: Gotthold Ephraim Lessing.