03.05.2024

SOUNDS & SIGHTS OF SCIENCE #29

ÜBER DIE RETTUNG VON VIDEOAUFNAHMEN AUF DVD – vorgestellt von Johannes Spitzbart

WAS IST ZU SEHEN?

Die Videoaufnahme zeigt den Ausschnitt eines Interviews aus dem Jahr 2009, das im Zuge des Festes des „Santu Donnu“ von Giorgio Ruggeri aufgenommen wurde. „Santu Donnu“ gilt in Nociglia (Apulien) als Schutzpatron. Das Video gehört zum Bestand des Kulturvereins Terrikate, der diesen Umzug Jahr für Jahr organisiert. Bei diesem speziellen Beispiel, das hier als Vorher-nachher-Vergleich präsentiert wird, möchte ich die Aufmerksamkeit aber nicht auf den aufgenommenen Inhalt lenken, sondern vielmehr die visuellen und akustischen Fehler und Artefakte in den Fokus rücken.

 

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WAS IST DARAN BESONDERS INTERESSANT?

Dieses Videobeispiel zeigt das Ergebnis der Datenrettung einer schlecht abspielbaren Aufnahme mit einem Camcorder auf MiniDVD. Die Ursache für die Bild- und Tonfehler liegt in einem lückenhaften Datenstrom beim Auslesen der Spur. Für den Rettungsversuch wurde die Tatsache ausgenutzt, dass unterschiedliche Laufwerke durch ihren andersartigen Aufbau mit problematischen Stellen verschieden gut zurechtkommen. Man kann sich das so ähnlich vorstellen, als hätte man beim Zusammenstellen eines 10.000-Teile-Puzzles Hilfe von anderen Personen. Die betroffene DVD wurde unter Verwendung von fünf verschiedenen Laufwerken mit Hilfe der kostenlosen Software „H2cdimage“ eingelesen. Teil 1 des Videos zeigt das Ergebnis des ersten Laufwerkes und Teil 2 das Gesamtergebnis.
Das Programm „H2cdimage“ hilft hierbei in zweierlei Hinsicht: Es legt einerseits ein Verzeichnis der schon korrekt gelesenen Datensektoren an, sodass es bei darauffolgenden Durchgängen gezielt nur die bisher unlesbaren Sektoren wiederherzustellen versucht. Andererseits verwendet es eine besondere Lesestrategie, um möglichst schnell die intakten Daten einzulesen, bevor es sich an die zeitaufwendigen Leseversuche von Problemstellen macht.
Die Ursache für die schlechte Lesbarkeit dieser DVD ist wahrscheinlich auf eine unzureichende Kompatibilität zwischen dem Laufwerk des Camcorders und dem verwendeten Medium zurückzuführen. Solche Probleme sind keine Seltenheit. Die Aufzeichnungsqualität von beschreibbaren CDs und DVDs wird maßgeblich von der optimalen Abstimmung der Laserleistung auf die Beschaffenheit der Aufzeichnungsschicht in Kombination mit der Schreibgeschwindigkeit beeinflusst. Und gerade diese Abstimmung gestaltet sich durch die Vielfalt an unterschiedlichen Rohlingen und den großen Bereich an nutzbaren Schreibgeschwindigkeiten oft als schwierig.

WIE BESCHÄFTIGE ICH MICH DAMIT?

Die problematische MiniDVD wurde mir von Sonja Kieser, einer langjährig bei ihren Feldforschungen vom Phonogrammarchiv unterstützten Musikwissenschaftlerin, übergeben – in der Hoffnung, eine Verbesserung der Abspielbarkeit zu erreichen. Da ich mich schon 2002 in meiner Diplomarbeit mit dem Thema CD-R beschäftigte und mich seitdem am Phonogrammarchiv weiter auf digitale Audio-Medien spezialisiert hatte, war diese Aufgabe eine willkommene Herausforderung. Vor allem die Entdeckung der Software „H2cdimage“ ermöglichte eine verhältnismäßig unkomplizierte Restaurierung der Daten, verglichen mit dem Aufwand der manuellen Zusammensetzung der Ergebnisse von mitunter tagelangen Einleseversuchen mit anderen Programmen.
 


Johannes Spitzbart ist verantwortlich für die Videotechnik des Phonogrammarchivs und die Digitalisierung und Langzeitarchivierung von Videobeständen. Er befasst sich außerdem mit der Durchführung und Bearbeitung diverser Aufnahmeprojekte und ist zuständig für die digitale Audiorestaurierung.
 

LINKS

H2cdimage (c’t Magazin für Computertechnik)

Kulturverein Terrikate, Nociglia