Sounds & Sights of Science #25
Was ist zu hören?
Zu hören sind Ausschnitte aus einer Aufnahme, die Gerlinde Hofer (später Haid) im Zuge einer Feldforschung im Jahr 1970 im Piestingtal durchgeführt hat. Ihre Gesprächspartnerin Josefa Wagner gibt Einblicke in den Brauch des Neujahrssingens in Waidmannsfeld und Umgebung, in dessen Rahmen Mitglieder der lokalen Musikkapelle in der Silvesternacht von Haus zu Haus ziehen und die Bevölkerung ansingen bzw. anspielen, worauf sie mit einer Geldspende bedacht oder ins Haus gebeten und verköstigt werden. Gegen Ende der Aufnahme erklingt das bei dieser Gelegenheit dargebotene Stück:
Was ist daran besonders interessant?
Vier Jahre nach dem Entstehen dieser Aufnahme hat Gerlinde Haid (1943–2012) mit einer Arbeit zum Thema Neujahrssingen und Neujahrslied in Niederösterreich an der Universität Wien promoviert. In ihrer Dissertation stellt die Forscherin unter Verweis auf einige weitere Quellen die Autorschaft Johann Kühbachers in Frage – sie hält ihn eher nur für den Aufzeichner des Liedes „Ganz fröhlich zu singen“. Es handelt sich hier also um eines der zahlreichen Beispiele eines Stückes aus dem Bereich der traditionellen Musik, das regional verbreitet ist, in mehreren Varianten vorliegt und dessen Komponist:in bzw. Autor:in nicht eindeutig nachzuweisen oder gänzlich unbekannt ist.
Wie dem auch sei: Das Neujahrspielen wird jedenfalls heute noch am 31. Dezember in Waidmannsfeld praktiziert. Vier Gruppen der Musikkapelle, die übrigens 2024 ihr 100-jähriges Bestehen feiert, brechen bereits um die Mittagszeit in unterschiedlichen Besetzungen auf und erfreuen die Bevölkerung des gesamten Gemeindegebietes mit ebenjenem Lied (freundliche Mitteilung von Elisabeth Neumann).
Wie beschäftige ich mich damit?
Das Phonogrammarchiv verfügt über viele Aufnahmen zu Volksmusik und Brauchtum aus den 1970er und 1980er Jahren, an deren Entstehung Gerlinde Haid – ab dem Jahr 1994 Professorin für Geschichte und Theorie der Volksmusik am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien – mitgewirkt hat. Neben den oben bereits erwähnten Aufnahmen sind dies u.a. auch Dokumentationen des Ausseer Faschings (gemeinsam mit Dietrich Schüller) sowie Aufnahmen aus den sogenannten Teamfeldforschungen im Flachgau, Lungau, Pinzgau und in Vorarlberg, die in Kooperation mit dem Österreichischen Volksliedwerk durchgeführt wurden. Sie alle sind Teil unseres umfangreichen Bestandes an Musik aus Österreich, um dessen Erweiterung, Dokumentation und Verfügbarkeit für wissenschaftliche Forschung ich mich kümmere.
Katharina Thenius-Wilscher ist Musikwissenschaftlerin am Phonogrammarchiv und Kuratorin für (Volks-)Musik in Österreich.
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