Di, 04.07.2023 18:00

Mittelalterliche Bücher. Beobachtungen zu Genese und Schicksal volkssprachiger Handschriften in Mittelalter und Neuzeit

Öffentlicher Abendvortrag von Prof. Dr. Jürgen Wolf (Philipps-Universität Marburg) im Rahmen der IMAFO-Summerschool 'Mittelalterliche Handschriften'

Nach einer kurzen Skizze der Buchgeschichte ‚von der Rolle zum Kodex‘ samt Fragen des Beschreibmaterials und einem Blick auf frühmittelalterliche Palimpseste steht das volkssprachige Buch im Zentrum. Es geht darum, was diese Bücher in einer laikal-mündlich geprägten Gesellschaft überhaupt zu suchen haben, wer sie wo und wie macht, wie sie aussehen, was sie enthalten, wer sie nutzt und liest bzw. hört, wenn doch die Primärrezipienten fast immer Illiterati sind. Warum etabliert sich im 13. Jh. eine geradezu exzessiv sich ausbreitende Schriftlichkeit in der laikalen Welt, obwohl man die Bücher dort nicht selbst herstellen, oft sogar noch nicht einmal selbst lesen kann. Dazu gehören auch ‚merkwürdige‘ Bücher, die wunderschön aussehen, aber höchst fehlerhafte Texte enthalten, dazu gehört eine in vielen volkssprachigen Texten überlieferte Doppelformel zu den Rezeptionsmodi dieser Bücher mit dem ‚schouwen‘ auf der einen und dem ‚horen lesen‘ auf der anderen Seite.
In einem zweiten Teil wird davon berichtet, wie eben diese ‚schönen‘ Bücher in der Frühen Neuzeit in weit überwiegender Zahl ‚in den Müll‘ wandern, wie sie recycelt werden und wie unsere Makulaturforschung sie schlussendlich wieder aus dem Müll herausholt und in Datenbanken wie etwa handschriftencensus.de und manuscripta.at zu neuem Forschungsglanz erstrahlen lässt.

Informationen

 

Dienstag, 4. Juli 2023, 18h00

Campus Akademie der Wissenschaften
Bäckerstraße 13, 1010 Wien
Seminarraum im Innenhof

EINLADUNG (PDF)

Kontakt:
Dr. Christine Glaßner
Dr. Maria Stieglecker
Institut für Mittelalterforschung (IMAFO) der ÖAW