08.08.2024 | Weltkatzentag

Von Katzenmumien und Tiergöttinnen: Katzen im Alten Ägypten

Ob als Bronzestatue, Göttin in Tiergestalt oder jahrtausendealte Mumie: Katzen spielten im Alten Ägypten eine wichtige Rolle. Während sich viele Mythen und Legenden um den altägyptischen Tierkult ranken, offenbart sich Forscher:innen ein komplexeres und grausameres Bild. ÖAW-Archäologin Julia Budka klärt auf, was es mit Katzen im Alten Ägypten tatsächlich auf sich hatte.

Noch heute fühlen sich Katzen in Ägypten wie zuhause. © Shutterstock

Katzen begeistern Haustierfans nicht erst seit gestern. Schon im Alten Ägypten wurden sie domestiziert, um Mäuse und Ratten fernzuhalten, so Ägyptologin Julia Budka von der LMU München und dem Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW. Darüber hinaus hatten Katzen auch eine religiöse Bedeutung, die ihnen allerdings auch das Leben kostete.

Katzen waren nicht heilig, aber sie waren mit verschiedenen Gottheiten assoziiert.

Welche Bedeutung hatten Katzen im Alten Ägypten? 

Julia Budka: Je nachdem von welcher Epoche, Region und sozialem Umfeld wir sprechen, hatte die Katze unterschiedliche Bedeutungen. Einerseits war sie ein Teil des Alltagslebens. Sicher wissen wir, dass die Katze ab ungefähr 2000 v. Chr. in Ägypten domestiziert wurde. Wir haben dann insbesondere in der Epoche des sogenannten Neuen Reiches auch im Haus zahlreiche Belege, z.B. Tierknochen in Siedlungen, die die Anwesenheit von Katzen belegen. Das wird immer damit erklärt, dass man in Ägypten viel Getreide konsumiert hat, es deswegen auch viele Mäuse und Ratten gab und man Katzen deshalb gerne im Haus hatte. Andererseits haben wir in früheren Epochen auch eine religiöse Ausdeutung von Katzen, also schon eine Rolle vor der Domestizierung.  

Der Mythos der Anbetung

Waren Katzen im Alten Ägypten heilig? 

Budka: Katzen waren nicht heilig, aber sie waren mit verschiedenen Gottheiten assoziiert. Bereits recht früh im sogenannten Mittleren Reich war der Kater mit dem Sonnengott verknüpft und die Katze gilt als die Tochter. Später wurden ehemals löwengestaltige Göttinen, wie beispielsweise Bastet, katzengestaltig dargestellt.

Wir haben riesige Katzenkatakomben, wo Millionen von Katzenmumien bestattet wurden.  

Welche Quellen gibt es, die sich mit Katzen im Alten Ägypten beschäftigen? 

Budka: Wir haben vor allem Texte verschiedenster Art, v.a. religiöse wie die sogenannten Sargtexte und verschiedene Mythen. Im Neuen Reich gibt es auch viele bildliche Darstellungen von Katzen eher im häuslichen Bereich, zum Beispiel Gedenksteine (Stelen), wo der Kater mit dem Sonnengott assoziiert wird und z.B. von einem Ehepaar angebetet wird. Wir haben auch kleine Figuren von Katzen, die je nach Kontext einfache Spielsachen für Kinder oder auch Votivgaben sein können. Was man sehr prominent nennen sollte, sind die archäologischen Hinterlassenschaften. Gerade aus der späteren Epoche, insbesondere der Spätzeit und ptolemäische Epoche, haben wir riesige Katzenkatakomben, wo Millionen von Katzenmumien bestattet wurden.  

Die Katzenmumien 

Weshalb wurden Katzen mumifiziert? 

Budka: Die Katzenmumien waren Votivgaben an die Gottheiten. Es war aber nicht wirklich katzenlieb, was mit diesen Tieren passiert ist. Wenn man in diese Tiermumien hineinschaut, beinhalten sie zum einen zusammengestückelte Tiere. Zum anderen handelt es sich größtenteils um Jungtiere, denen der Hals umgedreht wurde. Die sind also nicht friedlich am Sofa eingeschlafen. Das war eine Zucht. Man hat die Tiere als Opfergaben verwendet und verkauft. Im ersten Jahrtausend gab es also eine massenhafte Tiermumienproduktionen (nicht nur mit Katzen). 

Der Tierkult in Ägypten wurde aus europäischer Sicht stark missverstanden.

Katzen wurden also nicht unbedingt gut behandelt. Woher kommt dann das Klischee, Katzen seien im Alten Ägypten verehrt worden? 

Budka: Der Tierkult in Ägypten wurde aus europäischer Sicht stark missverstanden. Die frühe Ägyptologie hat antike Autoren wie Herodot eins zu eins als Quellen übernommen, weil man die originalen, ägyptischen Texte nicht lesen konnte - das findet sich teilweise auch  heute noch in der populären Wissenschaft. Gerade beim Tierkult ist das aber sehr problematisch: Herodot schreibt zum Beispiel, dass es in Ägypten verboten war, Katzen zu töten. Oder dass man sich die Augenbrauen abrasieren musste, wenn eine Katze starb. Das ist eben sehr verallgemeinernd. Die antiken Autoren wie Herodot, Diodor oder Strabon waren zwar vom ägyptischen Tierkult fasziniert, haben ihn aber nicht verstanden. Gleichzeitig schrieben sie ihre Texte für die Griechen auf. Es gab also auch kein Bestreben, den Tierkult wissenschaftlich zu erklären, sondern es ging nur um etwas Exotisches, etwas Anderes. Daher ist alles, was wir von diesen antiken Autoren rund um die Katze wissen, sehr mit Vorsicht zu genießen. 

 

AUF EINEN BLICK

Julia Budka studierte Ägyptologie und klassische Archäologie an der Universität Wien und promovierte im Jahr 2007. Von 2004 bis 2012 war sie an der Humboldt-Universität in Berlin tätig und erhielt den START-Preis des FWF sowie einen ERC Starting Grant im Jahr 2012; dem folgte ein ERC Consolidator Grant 2019. Seit 2015 ist sie Professorin für Ägyptische Archäologie und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, sowie seit 2019 korrespondierendes ÖAW-Mitglied der philosophisch-historischen Klasse im Inland.