Wie eng Migration und Globalisierung zusammenhängen, zeigte sich insbesondere in der Pandemie: Grenzen wurden geschlossen und Migrant:innen, die in Pflege und Landwirtschaft unabkömmlich waren, konnten plötzlich nicht mehr ins Land. Die Ausnahmesituation während der Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die Versuche von Staaten, Grenzen selektiver zu gestalten und Kontrollen auch außerhalb ihres Territoriums durchzuführen.
Die 7. Jahrestagung für Migrationsforschung in Österreich beleuchtet von 26. bis 28. September unterschiedliche Aspekte des Themas „Globalisierung der Grenzen – Grenzen der Globalisierung: Migration zwischen globalen Krisen und lokalen Dynamiken“. Ort der Tagung ist die Donau-Universität Krems. Das dortige Department für Migration und Globalisierung organisiert diese gemeinsam mit der Universität Wien sowie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Gegenteilige Entwicklungen in europäischer Flüchtlingspolitik
Mit der neuen staatlichen Regulierung von Grenzen und Mobilität befassen sich die Keynotes der Juristin Ayelet Shachar von der Universität Toronto und des Soziologen Ettore Recchi von der Sciences Po in Paris. Es gibt jedoch auch gegenteilige Entwicklungen: Rund vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine haben seit dem Angriff Russlands einen Schutzstatus in Europa erhalten. Bei einem Round-Table diskutieren politische Vertreter:innen mit Expert:innen der Migrationsforschung, welche Lehren sich aus dieser Erfahrung für die europäische Flüchtlingspolitik ziehen lassen.
Doch Globalisierung ist nicht nur eine reale Entwicklung, sondern auch eine Perspektive, die den Blick auf Migration und damit auch die Migrationsforschung verändert. Mit dieser Herausforderung befassen sich zwei weitere Keynotes unter der Überschrift „Die Zukunft der Migrationsforschung“. Hein de Haas, Professor für Soziologie an der Universität Amsterdam, plädiert in seinem Vortrag für ein umfassendes statt eines rein funktionalen Verständnisses von Migration als inhärenter Teil gesellschaftlicher Transformationsprozesse. Die Geographin Parvati Raghuram von der britischen Open University setzt sich kritisch mit post- und dekolonialen Denkansätzen und deren Implikationen für migrationstheoretische Forschung auseinander.
Vielfalt der Migrationsforschung wird sichtbar
Von der Aushandlung von Identitäten über digitale Infrastrukturen in Asylverfahren bis zu Religion und Radikalisierung – in 23 Panels und 77 Vorträgen wird die Vielfalt der Migrationsforschung sichtbar. Zudem bietet die Tagung erste Einblicke in die Ergebnisse des europäischen Projekts EasyRights, das darauf abzielt, mittels intelligenter Technologien Migrant:innen zu Wissen über ihre Rechte zu verhelfen. Am Programm steht auch die Präsentation des Buchs „Migration & Arbeit“ von Gudrun Biffl und Peter Huber, das noch in diesem Jahr in der Reihe „Migration & …“ im Verlag der ÖAW erscheinen wird.
Und auch der wissenschaftliche Nachwuchs lädt zum kollegialen Austausch ein: Im direkten Anschluss an die Jahrestagung findet in diesem Jahr eine PhD Konferenz zur Migrationsforschung in Österreich statt, auf der Doktorand:innen von österreichischen Universitäten ihre Arbeiten präsentieren und unter anderem mit den Hauptvortragenden der Tagung diskutieren. Die Tagung richtet sich an Forscher:innen aus allen Disziplinen und Fächern, die sich mit Migration und Integration befassen.