30.04.2024

Weltraumteleskop James Webb liefert Wetterbericht für Exoplanet WASP-43 b

Basierend auf spektralen Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop James Webb präsentiert ein internationales Team in einer aktuellen Publikation in der Fachzeitschrift Nature Astronomy die erste ultrapräzise Wetter-Analyse der Atmosphäre des Gasriesen WASP-43 b, einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Exoplaneten-Forscher:innen des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben Klimamodelle und Simulationen beigesteuert, die bei der Interpretation der James-Webb-Daten halfen.

Künstlerische Darstellung des extrasolaren Gasriesen WASP-43 b (© NASA, ESA, CSA, Ralf Crawford – STScI)

Heißer Jupiter WASP-43 b

WASP-43 b ist ein Gasplanet, der um den jungen und aktiven Stern WASP-43 kreist. Dieses extrasolare Planetensystem ist 280 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Trotz dieser enormen Distanz haben Forscher:innen durch Beobachtungen mit dem James Webb Space Telescope (JWST) herausgefunden, welche Wind- und Temperatur-Verhältnisse in der Atmosphäre des jupitergroßen Planeten herrschen. Die Ergebnisse werden im Fachartikel Nightside clouds and disequilibrium chemistry on the hot Jupiter WASP-43 b präsentiert.

"Freundlich sind die Verhältnisse auf WASP-43 b nicht”, sagt Ludmila Carone.

"Die Bedingungen in der Atmosphäre konnten erstmals genau genug erfasst werden, um einen detaillierten Wetterbericht für einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu erstellen. Freundlich sind die Verhältnisse dort aber leider nicht", sagt Co-Autorin Ludmila Carone, Mitglied der Exoplaneten-Forschungsgruppe Wetter und Klima am IWF. WASP-43 b ist etwa so groß wie Jupiter, hat aber die doppelte Masse und kreist in einer sehr engen Umlaufbahn um seinen Stern, einen roten Zwerg im Sternbild Sextant. Dadurch sind die Temperaturen seiner Atmosphäre extrem.

Exotische Wolken

WASP-43 b wendet seinem Zentralgestirn immer dieselbe Seite zu. "Auf der Tagseite haben wir Temperaturen von etwa 1250 Grad Celsius, auf der Nachtseite sind es verhältnismäßig milde 600 Grad. Die Winde, die durch das enorme Temperaturgefälle entstehen, können bis zu 18.000 km/h erreichen", sagt Carone. Aufgrund der engen Umlaufbahn des heißen Gasriesen konnte mit dem Infrarotspektrometer MIRI des James-Webb-Teleskops ein kompletter Orbit von WASP-43 b um seinen Stern im Wellenlängenbereich zwischen 4 und 12 Mikrometern vermessen werden.

"WASP-43 b braucht für einen vollen Umlauf um seinen Stern nur 19,5 Stunden. Unsere Kolleg:innen von der NASA haben nun die Infrarotstrahlung sowohl von der Tag- als auch von der Nachtseite beobachtet. Daraus konnten wir die Temperaturen und die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ableiten", sagt Carone. Die Messungen zeigen, dass auf der Nachtseite des Planeten Wolken aus Mineraliengemischen entstehen, wie wir sie als Gestein auf der Erde kennen. Das Fehlen von Methan auf der Nachtseite legt nahe, dass die vertikale Durchmischung durch Aufwinde deutlich stärker ist als ursprünglich angenommen: Wäre es ruhiger, würde durch die vergleichsweise kühleren Bedingungen Methan entstehen.

Die Erde dient immer als Vergleich

Die IWF-Forscher:innen haben zwei wichtige Beiträge zur wissenschaftlichen Auswertung der JWST-Daten geleistet. "Wir haben eines von mehreren dreidimensionalen Klima- und Windmodellen beigesteuert, deren Vorhersagen mit den Messergebnissen verglichen wurden", sagt Carone. Das Atmosphärenmodell von Patricio Cubillos, Co-Autor und Mitglied der IWF-Forschungsgruppe Exoplaneten-Charakterisierung ermöglichte die Analyse des Methan- und Wassergehalts auf der Tag- und Nachtseite von WASP-43 b.

"Das ist der erste Schritt in eine neue Ära der Exoplanetenforschung", so Carone.

Das 3D-Klimamodell der Grazer Forscher:innen hat sehr gute Ergebnisse geliefert. "Es war schön, dass so viele Teams zusammengearbeitet und ihre Modelle zur Verfügung gestellt haben, um die Prognosen zu vergleichen. Kein Modell ist perfekt, aber wir sind mit unserem Ergebnis sehr zufrieden. Vor allem die Verhältnisse auf der Tagseite konnten wir am besten prognostizieren", betont Carone. Durch weitere, noch genauere Messungen an WASP-43 b und anderen Exoplaneten werden die Klimamodelle und -Prognosen in Zukunft weiter verbessert, sowohl für die Erde als auch für andere Planeten. "Das ist der erste Schritt in eine neue Ära der Exoplanetenforschung. Sobald wir Daten von genügend Exoplaneten haben, können wir statistische Analysen machen, die uns sagen, wie selten oder häufig bestimmte klimatische Bedingungen im Universum vorkommen, zum Beispiel die auf der Erde", so Carone.

"Der Planet WASP-43 b ist am IWF kein Unbekannter. Wir konnten bereits mit früheren Arbeiten das Vorhandensein von Mineralwolken in seiner Atmosphäre vorhersagen", merkt IWF-Direktorin Christiane Helling an. "Am meisten lernen wir von Modellen, die die Beobachtungsdaten nur teilweise reproduzieren."

Why space research matters

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist ein hochsensibles Multitalent in einer Entfernung von 1,5 Millionen Kilometern von der Erde, das mit einer Kühlung um 266 Grad Celsius ermöglicht, dass ein faltbarer, kryogener Leichtgewichtspiegel geringste Mengen an infrarotem Licht sammelt und an höchstpräzise Messinstrumente weiterleitet. Neue Weltraumtechnologien führen zu nachhaltigem Fortschritt auf der Erde, wie bei der NASA für JWST nachzulesen ist.

Dem IWF mit seiner Grundlagenforschung ermöglicht das Teleskop, die Klima- und Wetterverhältnisse auf extrasolaren Planeten zu verstehen. Die physikalische Interpretation dieser Beobachtungsdaten forciert die Weiterentwicklung von komplexen Computermodellen, die das Wissen aus Disziplinen wie Physik, Mathematik, Meteorologie, Chemie und Materialwissenschaften vereint.

 

Kontakt
Dr. Ludmila Carone
T +43 316 4120-327
ludmila.carone(at)oeaw.ac.at

Publikation
T. Bell et al.: Nightside clouds and disequilibrium chemistry on the hot Jupiter WASP-43 b, Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-024-02230-x, 2024.