Christoph Gollner & Vera Mayer:
Demographische und sozioökonomische Strukturen im Wiener Plattenbau

2007, 138 Seiten, 20,5x29,5cm, zahlr. Ill., graph. Darst., zahlr. Tab.
broschiert, PWB-Schriftenreihe, Band 5
ISBN 978–3–9502069–3–7

 


zurück

 

 

PUBLIKATIONEN

Info      
Inhalt
Folder
Bestellung 
Übersicht

Eine umfassende Plattenbausanierung setzt eine demographische und sozioökonomische Analyse voraus. Standen bisher vor allem wirtschaftliche Aspekte in allen Bereichen der Plattenbausanierung im Vordergrund, so müssen die gesamtgesellschaftlichen Aspekte, die von enormer Relevanz in allen Fragestellungen der Wohnbauforschung sind, verstärkt berücksichtig werden.

Wohnen ist der zentralste Lebensbereich des Menschen. Doch Wohnen kann nicht isoliert von allen übrigen Lebensbereichen des Menschen gesehen werden, sondern ist in diese zu integrieren. Demnach ist es wichtig, in Form einer eingehenden Grundlagenforschung die Mikroebene das heißt, das Leben des Einzelnen zu beleuchten, um herauszufinden, welches die soziologischen, ökonomischen und psychologischen Gründe für Verbleib in oder Wegzug aus den Plattenbausiedlungen sind. Es geht dabei darum zu eruieren, wer die heutigen und die zukünftigen Bewohner der Siedlungen sind und ob durch die Plattenbausanierung tatsächlich ein neues Leben in alten Strukturen für die Bewohner möglich wird, ob dies überhaupt erwünscht ist und in welche Richtung sich dieses neue Leben entfalten soll.

Es ist eine entscheidende Frage, welche Wohn- und Lebensbedürfnisse aufgrund der Zusammensetzung der Bewohner einer Siedlung in Hinblick auf Alter, Geschlecht, soziaökonomischen Status etc. heute und morgen zu berücksichtigen sind. Eine veränderte Altersstruktur in Richtung mehr Bewohner im Pensionsalter erfordert eine neue infrastrukturelle Ausstattung der Siedlung (Arzt, Apotheke, diverse Dienste usw.) als zur Zeit ihrer Errichtung, in der sie vor allem die Bedürfnisse von Jungfamilien mit Kindern zu erfüllen hatten. Eine zunehmende Zahl von Angehörigen fremder Kulturen wird in den Wiener Großsiedlungen eine neue Organisation des halböffentlichen und öffentlichen Raumes erfordern um den unterschiedlichen Lebensstilen und dem Freizeitverhalten der Bewohner gerecht zu werden. Obwohl in einigen Wiener Plattenbausiedlungen die Arbeitslosigkeit höher und der Anteil an der Bevölkerung mit Hochschul- und Mittelschulbildung niedriger ist als im Wiener Durchschnitt, bzw. als in den inneren Bezirken, kann nicht von einer Ghettobildung gesprochen werden. Dennoch ist es sinnvoll, sich zu überlegen, wie durch die Plattenbausanierung neue lokale Arbeitsplätze entstehen können. Die Analysen sollten daher nicht nur Grundlagenforschung leisten, sondern konkrete Anreize liefern.

Im Zusammenhang mit den demographischen und sozioökonomischen Strukturen der Plattenbausiedlungen bieten sich folgende gesellschaftspolitische Überlegungen an:
Welche demographischen Faktoren beeinflussen die Akzeptanz der sanierten Plattenbausiedlungen?
Wie wirkt sich die bisherige und zukünftige natürliche Bevölkerungsbewegung auf die Entscheidung „Sanierung oder Abriss der Plattenbauten“ aus?
Wie sieht es mit der Versorgung der älteren Bevölkerungsgruppen innerhalb dieser Wohnsiedlungen aus?
Welche Infrastrukturverbesserungen und -neuerungen sind zu tätigen, um beispielsweise die Pflege älterer Menschen zuhause zu garantieren?
Welche Einrichtungen der technischen, verkehrlichen und sozialen Infrastruktur müssen geschaffen werden, um die Versorgung der Bewohner der Siedlungen zu garantieren?
Wie sieht es mit der Versorgung mit Bildungseinrichtungen und Kindergärten aus?

Bei der Analyse der demographischen und sozioökonomischen Strukturen geht es daher u.a. darum, die Fehlentwicklungen, wie sie in den Bundesländern Ostdeutschlands passiert sind massive Abwanderung in die westlichen Bundesländer trotz einer intensiven Plattenbausanierung und daraus resultierend ein hoher Leerstand zu vermeiden. Es muss berücksichtigt werden, dass gemachte Erfahrungen nicht unbedingt auf die Entwicklung in anderen Ländern übertragbar sind.

Demographische und sozioökonomische Strukturen im Wiener Plattenbau