Seit dem Jahr 1994 sieht die WHO die Tuberkulose als globalen Notfall an, für den sie das Behandlungsregime, „Directly Observer Therapy (DOT)“ eingeführt hat. DOT wurde unter der Führung von WHO und Weltbank als Musterbeispiel für globale Medizin in Indien implementiert. Und das, obwohl Indien bereits ab den 1960ern ein erfolgreiches nationales Tuberkuloseprogramm entwickelt hatte.
Jean-Paul Gaudillière vom Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale und Direktor des Center for Science, Medicine, Health and Society (CERMES3) in Paris referiert bei der nächsten ISA International Guest Lecture auf Einladung des Instituts für Sozialanthropologie der ÖAW über Spannungen zwischen unterschiedlichen Strategien und Akteuren des Gesundheitswesens in Indien. In seinem Vortrag „From Social Disease to Global Emergency. The Trajectory of Tuberculosis Control in India (1960-2010)“ erörtert der Medizinhistoriker, welche unterschiedlichen Formen des Wissens und der Expertise bei der Implementierung von DOT eine Rolle gespielt haben, und wie medizinische, wirtschaftliche und soziale Politiken verknüpft wurden.