EN| DE


KALTERINA LATIFI (Göttingen/London): „Jetzt – / zwischen Zwei Nichtse / eingekrümmt“. Sprachrupturen als Form des Plötzlichen bei Friedrich Nietzsche am Beispiel von zwei seiner Dionysos-Dithyramben und ihrer Bedeutung.
doi: 10.1553/spk51_1s31

Diese philologische Analyse untersucht zwei von Nietzsches Dionysos-Dithyramben, ›Zwischen Raubvögeln‹ und ›Das Feuerzeichen‹, und das, was in Nietzsches poetischer Sprache als „Bruch“ bezeichnet werden kann, steht dabei im Mittelpunkt. Um eine ästhetische Erfahrung
von Momenthaftigkeit und „Plötzlichkeit“ zu erzeugen, die den Leser überraschend soll, wird an dieser Stelle eine konventionelle Linearität der Versstruktur fragmentiert. Zweck des Verfahrens ist, poetische Bedeutungsübertragung zu ermöglichen. Diese Brüche und die aus ihnen
entstehende Dynamik erzeugen dabei einen spezifischen, ästhetischen Wert: Aus ihnen entsteht ein dionysischer „Schwindel des Hier und Jetzt“. Betont wird eine völlige Unvermitteltheit des gegenwärtigen Augenblicks, die jedoch zugleich durch präzisen, poetischen Ausdruck vermittelt
wird, der seine Effekte mit quasi apollinischer Klarheit kalkuliert.


This close reading of two of Nietzsche’s Dionysian Dithyrambs, ›Zwischen Raubvögeln‹ and ›Das Feuerzeichen‹, centres on what can be termed ‘ruptures’ in Nietzsche’s poetic language. These ruptures occur through his fragmenting conventional linearity of verse structures in order
to achieve an aesthetic experience of momentariness and instantaneity (‘Plötzlichkeit’) as they are intended to take the reader by surprise. The purpose of a poetic device of such sort is to allow a poetic transmission of meaning that otherwise would not come to the fore. Fragmentation of
this kind is essential for constituting a specific aesthetic validity which rests on the dynamics these ruptures unfold. They amount to a Dionysian ‘vertigo of the Here and Now’, as it were. It emphasizes the utter immediacy of the present moment realized, however, by means of precise
poetic expression and quasi-Apollonian clarity in its calculation of aesthetic effects.