Anthropologische Anerkennung auf Kosten kolonialer Ausbeutung
Rudolf Pöch (1870-1921) wandte sich als junger Mediziner zunehmend der Ethnographie und Anthropologie zu. Er unternahm wissenschaftliche Expeditionen in koloniale Gebiete und erforschte menschliche Gemeinschaften mit heute als respektlos angesehenen Methoden. Er sammelte nicht nur Artefakte, Ton- und Filmaufnahmen, sondern ließ im Jahr 1909 150 Leichname zur "Rassenforschung" nach Wien transportieren.
Die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Sophie Schasiepen untersuchte diese Praktiken im Blick darauf, wie Rudolf Pöch mit den Sammlungen sein Forschernetzwerk und seine Karriere als Anthropologe stärkte, was ihm nicht zuletzt dazu verhalf, dass er 1919 Professor am neu gegründeten Lehrstuhl für Anthropologie und Ethnographie der Universität Wien wurde. Auf Einladung des Instituts für Sozialanthropologie der ÖAW hält Sophie Schasiepen eine Online Guest Lecture zum Thema "Colonial Extraction and the Foundation of the Anthropological Institute of the University of Vienna". Sie arbeitet aktuell als Post-Doc auf dem Gebiet der Restitution an der Universität des Westkaps in Kapstadt.