17.05.2024 | Stefan M. Gergely-Preis

Auf der Suche nach dem Goldschakal

1987 wurde der erste Goldschakal in Österreich gesichtet. Aber nach wie vor wissen wir viel zu wenig über das komplexe Sozialverhalten und die regionale Ausbreitung der Tiere. Jennifer Hatlauf von der BOKU möchte das ändern – und wurde jüngst dafür mit dem neuen Stefan M. Gergely-Preis der ÖAW ausgezeichnet.

Goldschakale sind scheue Tiere. Erst 1987 gelang der erste Nachweis in Österreich. Wie viele heute im Land heimisch sind, untersucht die von der ÖAW ausgezeichnete Biologin Jennifer Hatlauf. © AdobeStock

Der Goldschakal ist ein sehr scheues Tier und lebt eher versteckt. Auf den ersten Blick kann man ihn mit einem Fuchs oder einem Wolf verwechseln. Der erste heimische Nachweis gelang 1987. Und im Jahr 2007 dokumentierte man den ersten Reproduktionsnachweis im Nationalpark Neusielder See-Seewinkel. Danach wurde es aber wieder ruhiger um potenzielle Beobachtungen von Goldschakalen. „Genau das hat mich neugierig gemacht, dass man nicht so genau sagen konnte, wo die Tiere in Österreich tatsächlich bereits vorkommen“, erzählt Jennifer Hatlauf. Für ihre Dissertation am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft über den Goldschakal in Österreich und angrenzenden Regionen wurde sie nun mit dem neu eingerichteten Stefan M. Gergely-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ausgezeichnet.  

Sie verwendete neue Methoden, nicht nur, um die Tiere zu erfassen, sondern auch, um mit ihnen zu kommunizieren. Mittels bioakustischer Stimulation sammelte Hatlauf Aufnahmen von Goldschakalen. Mit einem Megafon werden den nachtaktiven Tieren bei Dämmerung Tonaufnahmen zugespielt. „Gruppenrufe animieren die Goldschakale zu antworten, weil sie damit ihre Territorialität zeigen“, erzählt Hatlauf: „Sie haben verschiedene Rufe bzw. Laute, die noch wenig entziffert sind. Es ist unglaublich faszinierend, wie komplex ihr Sozialsystem ist.“ So gibt es sogenannte Helfer, das sind Jungtiere, die im nächsten Jahr bei den Eltern bleiben, um bei der Aufzucht des Nachwuchses zu unterstützen. „Das macht den Goldschakal besonders erfolgreich“, betont Hatlauf.

Ein weitgehend unbekanntes Tier

Dass wir nach wie vor so wenig über die Goldschakale wissen, liegt aber auch daran, dass viele Forschungen, die lange als maßgeblich galten, sich auf afrikanische Goldschakale beziehen. Diese sind laut einer Studie von 2015 allerdings näher mit Wölfen verwandt – und werden mittlerweile auch als afrikanische Wölfe bezeichnet.  Der eurasische Goldschakal hingegen ist in vielem ein unbeschriebenes Blatt, auch, was Jagdverhalten, Ausbreitung und Kommunikation betrifft. Das österreichische Forschungsprojekt arbeitet auch mit Artenspürhunden, um die Losung (den Kot) zu finden und die Nahrung der Goldschakale zu analysieren. Für Menschen sind diese Ausscheidungen meistens schwer von denen von Füchsen zu unterscheiden. Und sie sind auch nicht einfach zu finden, im Unterschied zum Wolf setzt der Goldschakal sie nicht unbedingt direkt auf Wegen ab.

„Der Goldschakal überrascht mich fast jeden Tag aufs Neue“, betont Hartlauf.  Vieles, was man über ihn vermutet hat, musste in den letzten Jahren präzisiert werden: „Man hat die Habitatansprüche bisher eher auf das Flachland und auf Feuchtgebiete bezogen. Aber mittlerweile gibt es Nachweise auch auf über 1.500 Metern Höhe im alpinen Raum. Es gibt einen Goldschakal-Nachweis in Norwegen über dem Polarkreis genauso wie im Westen in Spanien. Sie sind unglaublich anpassungsfähig.“ Man vermutete auch lange, dass große durchgängige Waldgebiete eher kein Lebensraum für sie sind. Auch das muss man nach Beobachtungen aus Österreich eher verneinen.

Citizen Science: Bevölkerung kann Sichtungen melden

„Wichtig wäre ein bundesweites Monitoring“, betont Hatlauf: „Und es gibt noch viel Grundlagenforschung zu erledigen.“ Dabei kann auch die Bevölkerung wertvolle Hinweise liefern. Es gibt ein Online-Melde-System. Wer glaubt, ein lebendes oder totes Tier gesichtet zu haben, kann am besten ein Foto hochladen oder schicken. Im letzten Jahr gab es 55 handfeste Meldungen in Österreich. Um den Goldschakal vom Fuchs unterscheiden, rät Hatlauf, auf folgende Merkmale zu achten: „Goldschakale haben eine kurze Rute, während beim Fuchs der Schwanz fast bis zum Boden reicht. Die Ohren des Fuchses sind auf der Hinterseite schwarz, beim Schakal sind sie hell.“