Ein Quantencomputer so groß wie ein Ikea-Einbauschrank? Diese unkonventionelle Vorstellung wird Realität dank des Innsbrucker Start-ups Alpine Quantum Technologies (AQT). Das Unternehmen setzt auf eine kompakte Bauweise des AQT-Quantensystems, das sich in zwei 19-Zoll-Racks einfügt.Das ist ein standardisiertes Format wie es in Serverräumen und Rechenzentren verbreitet ist. Diese modulare Bauweise aus mehreren aufeinandergestapelten eingekapselten Modulen macht das Quantensystem flexibel für verschiedene Anwendungen, es lässt sich mühelos in herkömmliche IT-Infrastrukturen integrieren und von jedem PC oder Laptop ortsunabhängig bedienen.
Die Idee dazu stammt von den Tiroler Quantenphysikern Rainer Blatt, Thomas Monz und Peter Zoller. Sie gründeten im Jahr 2018 AQT als ein Spin-off der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Ihr Ziel: Ergebnisse aus der Grundlagenforschung auch industriell anbieten zu können.
Technologie basiert auf Ionenfallen und Laser
Mit Erfolg: AQT setzt dabei auf Qubits aus elektrisch aufgeladenen Atomen, sogenannte Ionen, die in Fallen eingefangen und mit Laserstrahlen manipuliert werden. Diese Technologie bietet nicht nur eine bessere Abschirmung und geringere Fehlerraten, sondern ermöglicht es auch, das System bei Raumtemperatur zu betreiben, ohne auf spezielle Kühl- oder Energieinfrastruktur angewiesen zu sein, erklärt Franz Domig, Marketingleiter von AQT. „Unsere AQT-Systeme arbeiten bei einer konstanten Raumtemperatur von 22 Grad Celsius und benötigen weniger als zwei Kilowatt Strom – das entspricht etwa dem Verbrauch eines Wasserkochers”, sagt er.
Neben der Entwicklung von Quantencomputern bietet AQT auch deren Komponenten, etwa Geräte für Laserstabiliserung, sowie Rechenleistung über die Cloud an. „Wir stellen Rechenkapazitäten zur Verfügung und Gateways bereit. So können Forschungseinrichtungen und Unternehmen von jedem beliebigen Standort aus über die Cloud auf unser System zugreifen, Berechnungen durchführen und bekommen die Ergebnisse von uns zurückgeliefert“, so Domig
Das Konzept dahinter: Statt von Grund auf neu anzufangen, kann auf bereits vorhandene Komponenten für den Quantencomputer zurückgegriffen werden. „Dies beschleunigt nicht nur den Entwicklungsprozess, sondern ermöglicht auch eine effizientere Durchführung von Experimenten“, berichtet der AQT-Sprecher.
Made in Europe
Dabei stellt auch AQT nicht alle Einzelteile selbst her. Vieles wird in Österreich produziert, Materialien und Geräte werden größtenteils aus Europa bezogen. Domig: „Wir setzen bewusst auf europäische Komponenten, um uns nicht von anderen Kontinenten abhängig zu machen. Der aktuelle Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich der Quantencomputer dreht sich vor allem um die Qualität der Komponenten.“
Deshalb arbeitet AQT laufend daran Komponenten, ganze Quantencomputer und Cloudzugänge schneller und stabiler zu machen. In dieser Sache arbeitet das Start-up eng mit anderen Unternehmen und Universitäten zusammen, um die Anzahl der Qubits zu erhöhen und somit noch leistungsfähigere Quantencomputer zu entwickeln. Diese werden in Zukunft eine ergänzende Rolle spielen, erklärt Domig, nämlich dort, wo klassische Computer an ihre physikalischen Grenzen stoßen.
Grundlagenforschung als Basis
Für ihn steht fest: AQT wäre ohne die jahrelange Grundlagenforschung im Bereich der Quantenphysik undenkbar. Sie bildete das Fundament für die Gründung des Unternehmens und liefert weiterhin wichtige Impulse für dessen Entwicklung. Wird das Potenzial für akademische Spin-offs in Österreich ausreichend ausgeschöpft? „Ich denke, da geht mehr. Das Unternehmertum gehört ganz massiv entschlackt von Barrieren und Bürokratie. Hier haben Start-ups in Asien und den USA einen klaren Wettbewerbsvorteil“, so Domig.